Was bringt uns Kurz-Besuch bei Facebook?

Der Außenminister zeigt bei seinem Kurztrip in die USA, was moderne Politik langfristig leisten müsste.
Josef Votzi

Josef Votzi

Der Außenminister zeigt bei seinem Kurztrip in die USA, was moderne Politik langfristig leisten müsste.

von Josef Votzi

über Kurz-Besuch bei Facebook

24 Stunden New York – prall gefüllt mit Terminen am Rande einer UNO-Konferenz mit Medien und Ministerkollegen von Schwedens Margot Wallström bis Irans Javad Zarif. Weiterflug an die Westküste, Ziel: Silicon Valley, Stanford und NASA. Für die verbleibenden 72 Stunden stehen mehr als ein Dutzend Meetings mit Managern, Wissenschaftern und Start-up-Pionieren auf dem Kalender. Ähnlich bunt und knapp taktet nur Wirtschaftskammer-Chef Christoph Leitl sein Arbeitsprogramm als Türöffner für Österreichs Exporteure auf Auslandsreisen. Aber warum grast Österreichs Außenminister bei seinem US-Trip nicht nur Kollegen, sondern im Stundentakt auch Manager bei Facebook und Google ab?

Kontaktpflege mit den neuen Großmächten der (Daten-)Welt gehört hinter den Kulissen zum Fixprogramm seit Kurz die Führung im Außenamt übernommen hat. Offiziell war er erstmals im Herbst 2014 bei Facebook vorstellig. Anlass: Der IS nutzt soziale Netzwerke wie Facebook und Video-Plattformen wie YouTube massiv, um auch hierzulande "Foreign Fighters " zu rekrutieren. Kurz’ Mission: Das Internet soll ein freier, aber kein rechtsfreier Raum bleiben. Wer zu Recht Kinderpornografie untersagt, soll auch Werbung für Terror unterbinden.

Kämpferische Töne aber meidet der heimische Chefdiplomat. Österreichs dürre Faust gegen Global Player wie Facebook oder Google zu heben, wäre nicht nur lächerlich, sondern auch nutzlos. Ein Kräftemessen in den zunehmend offenen wirtschaftspolitischen Fragen macht nur auf EU-Ebene Sinn: In der Internet-Industrie werden Milliarden verdient, Steuerzahlungen aber trickreich vermieden. Privater Datenschutz nach europäischen Standards bleibt nach wie ein Fremdwort.

Giganten aus der Garage

Das kleine Österreich allein plagt aber nicht zuvorderst die Dominanz der Internet-Giganten. Es leidet zunehmend am Mangel jenes Spirits, der Unternehmen wie diese erst groß werden ließ. Die weltweiten Giganten wie Microsoft, Google oder Facebook sind im kalifornischen Silicon Valley alle als Garagen-Firmen gestartet.

"Wenn wir unseren Wohlstand in Österreich halten wollen, dürfen wir uns nicht vor der Digitalisierung fürchten, sondern müssen sie aktiv zu unserem Vorteil nutzen. Das ist die Kernaufgabe der Politik", proklamiert Sebastian Kurz im KURIER-Interview. "Warum die USA so erfolgreich sind?", fragt er rhetorisch und kleidet die Antwort diplomatisch:"Das hat, denke ich, auch mit unserer Kultur zu tun." Vor allem mit mangelndem unternehmerischen Mut, nicht zuletzt auch dem zum Scheitern.

Österreichs neuer Chefdiplomat macht mit seiner jüngsten US-Stippvisite sichtbar, was moderne Außenpolitik über konventionelle Beziehungspflege hinaus ausmacht und Politik generell leisten müsste: Österreichs Spitzenrepräsentanten machen wo immer sie können für einen offenen Blick nach Draußen Stimmung. Die sinnlose Abschottung nach Außen und das Schüren von lähmenden Ängsten überlassen sie allein den Ewiggestrigen.

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