Tu felix Austria – Mane stupida et dormi!

Latein muss man nicht lernen – obwohl es ja sinnvoll ist. Aber wer die Digitalisierung verschläft, wird verarmen.
Helmut Brandstätter

Helmut Brandstätter

Tu felix Austria – Mane stupida et dormi!

von Dr. Helmut Brandstätter

über Österreich und die Digitalisierung

Zwischen dem Magazin Der Spiegel und dem US-Autor Jeff Jarvis ist ein transatlantischer Krieg der Worte ausgebrochen. Der Spiegel ortete in dieser Woche eine neue "Weltregierung" im Silicon Valley, wo Unternehmen wie Google oder der Taxidienst Uber an ihrer weltweiten Ausbreitung arbeiten und dabei ganz offen Monopole anstreben. Jeff Jarvis wiederum, Autor des Buches "Was würde Google tun", schlägt zurück: Er nennt den Artikel "Scheißebombe", wirft den Deutschen "Europtechnopanic" vor und meint sogar, Deutschland würde "Vorkriegspropaganda" gegen die digitalen Riesen aus dem Silicon Valley verbreiten.

Der Krieg der Worte hat eine reale Grundlage. Die amerikanischen Digitalriesen von Amazon bis Uber wollen nichts anderes als unser Geld. Und der Weg dazu führt über unsere persönlichen Daten, die wir meistens freiwillig im Internet verbreiten. In Europa wiederum will man private Unternehmen staatlich kontrollieren. Das wird oft übertrieben, sichert aber eher einen fairen Wettbewerb. Der KURIER am Sonntag berichtet im Detail über diese transatlantische Auseinandersetzung.

Die schlechte Nachricht aber ist, dass der Streit um die Auswirkungen der Digitalisierung an Österreich fast unbemerkt vorbeigeht. Nur wenn eine Branche davon betroffen ist, weil das Geschäft ins Internet abwandert, wie bei den Apotheken, oder im Internet neu organisiert wird, wie bei den Taxis, suchen Betroffene Schutz für ihre Branche. Aber wie die digitale Globalisierung unser Leben in den nächsten Jahren weiter verändert, bewegt weder die Politik noch die Vertreter der Industrie. Die debattieren lieber, ob Industrielle ins Ausland gehen, weil ihnen unsere Steuergesetze nicht mehr passen. Felix Austria ist nur mehr als Zynismus zu verstehen, glücklich ist Österreich nicht, höchstens dumm, weil es die digitale Revolution verschläft. Und dabei verarmt.

Stanford an der Donau? Braucht doch keiner

Die Regierungsparteien streiten darüber, ob Frauen länger arbeiten müssen – oder dürfen, aber nicht darüber, wie die Schaffung von Arbeitsplätzen erleichtert wird. Die Universität gedenkt ihrer Gründung vor 650 Jahren – wunderbar –, aber wie können Industrie und Wissenschaft so unkompliziert zusammengebracht werden wie Silicon Valley und die Stanford University? Und während wir noch immer darüber diskutieren werden, ob eine Schulstunde 50 Minuten dauert und ob man auch am Nachmittag unterrichten muss, werden die Besten schon lange im Ausland sein.

Der europäische Sozialstaat ist eine einmalige Errungenschaft, aber weder die Staaten noch die Europäische Kommission werden ein Modell erhalten können, das nur durch Spitzentechnologie und Innovationskraft der Unternehmen finanziert werden kann. Bei uns ist Bildungspolitik noch immer eine Bruchrechnung aus Parteipolitik und Lehrerdienstrecht. Und Industriepolitik wird über Förderungen definiert. Das 21. Jahrhundert lacht uns aus. Tristis est.

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