Schärferer Blick auf die Sozialtöpfe nötig

Die Europäische Sozialunion wird demnächst an ihre Grenzen kommen. Wie viel Solidarität ist leistbar?
Martina Salomon

Martina Salomon

Möglicherweise sind wir für Armutszuwanderer in und außerhalb der EU attraktiver als für Leistungsträger.

von Dr. Martina Salomon

über Mindestsicherung

Dieses Urteil hat es in sich, auch wenn es in der Nachrichtenflut gerade unterzugehen droht: EU-Ausländer, die weniger als ein Jahr in Deutschland beschäftigt waren und dann arbeitslos werden, bekommen lediglich für sechs weitere Monate Sozialhilfe (Hartz IV) und Aufenthaltsrecht. Nur wer nachweislich einen Job sucht und auch Chancen darauf hat, darf nicht ausgewiesen werden. Der Europäische Gerichtshof hat die deutsche Praxis nun bestätigt. Die Richter verweisen darauf, dass ein Staat das Recht hat, seine Sozialsysteme vor Überlastung zu schützen.

Ist Österreich zu großzügig mit der Mindestsicherung? Möglicherweise sind wir für Armutszuwanderer in und außerhalb der EU attraktiver als für Leistungsträger. Dazu zählen nicht nur Universitätsprofessoren, sondern natürlich auch Facharbeiter. Wie in den vergangenen 14 Tagen ersichtlich, spricht es sich weltweit blitzartig herum, wo es offene Grenzen und gute Versorgung gibt. "Jetzt oder nie" haben sich auch viele gesagt, die nicht unmittelbar an Leib und Leben bedroht sind, sondern ein besseres Leben erträumen.

Das ist absolut verständlich, aber für die betroffenen Länder – Deutschland, Österreich, Schweden – nicht grenzenlos leistbar, ohne die heimischen Sozial- und politischen Systeme massiv unter Druck zu bringen. Für jene, die es wirklich brauchen und ein Anrecht darauf haben (selbstverständlich zählt auch Asyl dazu) muss immer genug Geld bleiben.

Österreich könnte Schlüsse aus dem EuGH-Urteil ziehen. Arbeitsunwillige Zuwanderer muss man – selbst wenn sie aus der EU kommen – nicht endlos finanzieren.

martina.salomon@kurier.at

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