Rot ringt um neuen Grenzzaun zu Blau

Ja zum Richtwert, Nein zur Obergrenze? Die Kanzler-Partei sucht neuen Asylkurs und stiftet Verwirrung.
Josef Votzi

Josef Votzi

Ja zum Richtwert, Nein zur Obergrenze? Die Kanzlerpartei stiftet mit neuem Asyl-Kurs bisher nur Verwirrrung

von Josef Votzi

über das Ringen der SPÖ um einen neuen Grenzzaun zu Blau

Würde Michael Häupl nur seinen Körper sprechen lassen, wäre alles in einem Satz gesagt gewesen: Ich muss, aber ich will nicht. Mit missmutiger Miene und mit einem Fuß schon mehr fort als dort präsentierte der mächtigste Mann der SPÖ vergangenen Mittwoch gemeinsam mit Werner Faymann, Reinhold Mitterlehner und Wilfried Haslauer den Obergrenzen-Richtwert für Flüchtlinge. Dabei hatte er da noch gar nicht lesen können, was seine Stadträtinnen hinterher Faymann & Co ausrichteten: "Obergrenze kann nicht Weg der SPÖ sein, sie steht Menschenrecht auf Asyl diametral entgegen."

Vor allem in der Wiener SPÖ will sich ein Teil nicht mit dem Kurswechsel von der Willkommens- zur Abschreckungspolitik abfinden. Im Wien-Wahlkampf hatte sich Rot scharf wie nie zuvor als Garant gegen die Verstrachisierung der Politik positioniert. Voll dahinter stand wohl schon damals nur eine Minderheit. Die Mehrheit hat die grün-rote Wahlkampflinie hingenommen – zumal die Rechnung aufging: Blau als Nr.1 blieb ein Albtraum.

Zehntausende Flüchtlinge und einige miserable Umfragen später räumt Rot fluchtartig Häupls Grenzwall. Die Niessls übernehmen in der ganzen SPÖ das Kommando. Wofür Faymanns verbleibender Spielraum und Courage reicht, bleibt offen: Nur für ein "Türl mit Seitenteilen" oder doch einen ernst zu nehmenden Grenzzaun gegen einen weiteren Einfall der Blauen? Was indessen zunimmt, ist die Verwirrung über den Asyl-Kurs der Kanzlerpartei. Da hilft auch ein bislang einmaliger gemeinsamer Interview-Auftritt von Häupl & Faymann in der Krone nichts. Tags danach absolvierten Spitzen-Rote den gleichen Eiertanz um die nach wie vor offene Schlüsselfrage der Obergrenzen-Richtlinie: 37.500 neue Flüchtlinge – aber was dann?

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