Wie man das eigene Werk demontiert

Die Bürger sind von der Steuerreform belastet – wegen des Missmanagements dieses Großprojekts.
Karin Leitner

Karin Leitner

Rote und Schwarze haben es zur Meisterschaft gebracht. Nicht in Staatskunst, sondern darin, Erfolge wegzuzanken.

von Karin Leitner

über das Bankgeheimnis

Im März präsentierten Kanzler und Vizekanzler stolz ein Projekt ihrer Regentschaft: "die größte Steuerreform der Zweiten Republik", wie Werner Faymann damals befand. Zwei Monate später ist die Entlastung, die ab Jänner zu spüren sein wird, kein Thema mehr. Die Bürger fühlen sich belastet – von dem, was die Koalitionäre bieten. Stück für Stück demontieren sie das eigene Werk. Zuerst wurde wegen der höheren Grunderwerbsteuer gestritten, gegen die sich Wirtschaftsvertreter verwahrten. Nun sorgt das Ende des Bankgeheimnisses für Verwerfungen.

Dass SPÖ und ÖVP Konto-Einschau ohne juristischen Sanktus gestatten wollen, war für die Oppositionellen willkommener Wahlkampfstoff ("Österreicher unter Generalverdacht"). Die Steirer-ÖVP dachte sich das ebenfalls, wetterte gegen diese Neuerung; nun tut das ein Schwarzer nach dem anderen. Auch die Minister Brandstetter und Mikl-Leitner haben mit dem Konto-Strip ein Problem – obwohl sie ihn in der Regierung mitbeschlossen haben. Die SPÖ-Spitze zürnt. Dabei ruft jetzt auch der rote Stimmenwerber Hans Niessl nach einem Richter. Als Zugabe lässt ÖVP-Klubchef Lopatka wissen, "in dieser Form" werde die Konten-Einsicht im Parlament nicht abgesegnet, es handle sich ja um "den Wunsch der Spitzenbeamten im Finanzministerium". Damit entmündigt er seinen Parteifreund Hans Jörg Schelling. Bis jetzt war davon auszugehen, dieser managt das Ressort. Und weiß, was in den Gesetzen steht, die in seinem Haus geschrieben werden.

Rote und Schwarze haben es zur Meisterschaft gebracht. Nicht in Staatskunst, sondern darin, gemeinsame Erfolge wegzuzanken. Wer von Vereinbartem nach kurzer Zeit nicht mehr überzeugt ist, tut sich schwer, die Wähler davon zu überzeugen.

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