Stopp der Hetze – auch ohne jüdische Oma

Differenzen sind Grundlage der Demokratie. Hetze gegen Andersdenkende aber vergiftet unser Leben.
Helmut Brandstätter

Helmut Brandstätter

Wenn es nur so einfach wäre, politische Treibjagden zu beenden.

von Dr. Helmut Brandstätter

über Hetze gegen Andersdenkende

Ein junger Ungar hetzt gegen Juden, zieht sich die Uniform der Ungarischen Garde an, die nicht zufällig an die faschistischen Pfeilkreuzler erinnert und macht in der rechtsextremen Jobbik-Partei Karriere. Dann entdeckt der 30-jährige Csanad Szegedi, dass er jüdische Großeltern hat. Plötzlich distanziert er sich von seinen Hetztiraden und versucht ein Leben als gläubiger Jude.

Wenn es nur so einfach wäre, politische Treibjagden zu beenden. Dann verordnen wir allen Hetzern symbolisch jüdische Verwandte, lassen sie Auschwitz besuchen und darüber nachdenken, dass die Erniedrigung der Juden und ihr Ausschluss aus der Gesellschaft mit dem organisierten Massenmord endeten.

Über „Antisemitismus ohne Juden“ ist viel gerätselt worden. Menschen in Schwierigkeiten suchen offenbar Sündenböcke für subjektiv empfundene Ungerechtigkeiten. Aber in Europa, wo einmal eine hoch entwickelte Zivilisation in schlimmste Barbarei umschlug, dürfen wir Hetze in keiner Form dulden. Egal, ob sie von gewählten Politikern kommt – „Knüppel aus dem Sack“ – oder von einem Krone-Kolumnisten, der es gut findet, wenn Einbrecher erschossen werden und auch schon einmal dazu aufgerufen hat, auf jemanden zu schießen. Leider steckt in unserer Gesellschaft mit ihrem nie da gewesenen Wohlstand viel Hass, den man ohnehin nur schwer ergründen kann (siehe Online-Postings). Den dürfen Politik und Medien nicht auch noch verstärken.

Nächste Woche tritt der neu gewählte Nationalrat erstmals zusammen. Es wäre schön, wenn sich alle Abgeordneten auf eine Abrüstung der Worte verständigen könnten – und sich dann auch daran hielten.

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