Respekt vor der Politik

Warum fällt es so schwer, Politiker während ihrer Amtszeit positiv zu betrachten?
Martina Salomon

Martina Salomon

Ein bisschen mehr Anteilnahme für alle, die sich ums Gemeinwohl mühen, wäre ein schönes Vermächtnis.

von Dr. Martina Salomon

über Barbara Prammers Tod

Die Bestürzung über den Tod der Nationalratspräsidentin wirkt echt – quer über alle Lager hinweg. Barbara Prammer hat sich in ihrer letzten Funktion Respekt erarbeitet, aber die Sympathie und das Mitgefühl einer breiten Öffentlichkeit kam mit der Bekanntgabe ihrer Krankheit. Ist es nicht traurig, dass Politiker erst dann Autorität erlangen, wenn sie ihre Funktion längst niedergelegt haben, wenn sie gestorben oder von einem Schicksalsschlag betroffen sind?

Leider gilt für Politiker immer die Schuldsvermutung. Das Pflaster ist hart, dementsprechend groß sind die Nachwuchsprobleme. Wer ist schuld? Vor allem viele Politiker selbst, die den politischen Mitbewerber permanent abwerten, jede Idee des anderen in Grund und Boden stampfen. Das vergiftet das politische Meinungsklima. Aber es ist auch das Volk, das vor dem Amtsträger buckelt, aber hinter seinem Rücken das Hexenkreuz macht. Und sind sich die Medien ihrer Verantwortung immer bewusst? Der medial beispiellos gejagte (aber auch äußerst ungeschickte) deutsche Ex-Bundespräsident Christian Wulff meinte jüngst in einem Spiegel-Interview, er wünsche sich "Wahrung der Verhältnismäßigkeit". Die fehlt auch hierzulande nicht selten.

Dieser Tage vor genau 100 Jahren haben Politik und Diplomatie versagt, der Erste Weltkrieg begann. Österreich ist heute Gott sei Dank Teil einer EU, in der sich Deutschland und Frankreich nicht mehr blutig bekämpfen. Aber rund um uns brodelt es wieder, und die Wirtschaftskrise ist nicht ausgestanden. Es ist auch heute nicht egal, wer regiert. Barbara Prammer war es in ihren letzten Lebensjahren gelungen, vermittelnd, fair und wenig populistisch zu agieren. Ein bisschen mehr Anteilnahme, weniger Häme und Respekt für alle, die sich ums Gemeinwohl mühen, wäre ein schönes Vermächtnis.

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