Kommissare auf dem heißen Stuhl

EU-Abgeordnete prüfen Vertreter der EU-Regierung. Das kann ein Modell für Nationalstaaten werden.
Margaretha Kopeinig

Margaretha Kopeinig

Die Abgeordneten wollen die Kandidaten mit kritischen Fragen "grillen" – wie es drohend heißt.

von Dr. Margaretha Kopeinig

über das Hearing

Bei der Wahl des neuen Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker hat das Europäische Parlament seine Macht gezeigt und den luxemburgischen Christdemokraten gegen die Interessen so mancher Regierungschefs durchgesetzt. Mit den Anhörungen der designierten Kommissare wittern die Abgeordneten erneut eine Sternstunde des Parlamentarismus. Die Abgeordneten wollen die Kandidaten mit kritischen Fragen "grillen" – wie es drohend heißt.

Die Anhörungen sind in keiner Weise eine nette Plauderei, die Brüsseler Lobbykritiker-Organisation Corporate Europe Observatory (CEO) hat belastende Hinweise gegen vier bis sechs Kandidaten gesammelt. Bei einigen handelt es sich um Unvereinbarkeiten in beruflicher Hinsicht, die es laut CEO nicht erlauben, ein hohes EU-Amt zu bekleiden (siehe Seite 3). Sollten die Parlamentarier nach dem Prüfverfahren ebenfalls zu diesem Schluss kommen, ist Juncker gut beraten, die Bedenken ernst zu nehmen. Wenn nötig, muss er umstrittene Kandidaten austauschen oder ihnen eine andere Aufgabe geben. Es nicht zu tun, würde die Zusammenarbeit zwischen europäischen Volksvertretern und der Kommission schwer belasten. Juncker riskiert auch, die finale Parlamentsabstimmung über sein gesamtes Team zu verlieren.

Wichtig ist, dass die Prüfung fair ist. Parteipolitische Kriterien haben bei der Beurteilung nichts zu suchen. Es geht einzig darum, ob die Kandidaten kompetent sind und eine Vision für die Zukunft der EU haben.

Werden diese Anforderungen erfüllt, geben die Anhörungen nicht nur Junckers Team entsprechende Legitimität, sondern sind auch geeignet, als Modell für Minister-Hearings auf nationaler Ebene zu dienen.

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