"Grundlegende Fragen brauchen Naivität"

"Probleme der Welt und der Menschheit sind ohne Idealismus nicht zu lösen." Helmut Schmidt, 95.
Helmut Brandstätter

Helmut Brandstätter

Probleme der Welt und der Menschheit sind ohne Idealismus nicht zu lösen.

von Dr. Helmut Brandstätter

über grundlegende Fragen

In seiner Zeit als deutscher Kanzler(1974– 1982) galt Helmut Schmidt als Macher, kalt und rational. Insoferne überraschen diese Zitate, die nach Naivität und Idealismus rufen. Aber Schmidt hatte grundsätzliche Probleme zu lösen, von Wirtschaftskrisen über den Terror der Roten Armee Fraktion bis zur Nachrüstung. Da brauchte auch "Schmidt-Schnauze" die Sicherheit von gesellschaftspolitischen Werten, die man im Zweifel mit einer gewissen Portion Naivität verfolgen muss. Wenn aber diese Einstellung bei der Lösung der Probleme der ganzen Menschheit helfen, kann dieser Zugang bei den Herausforderungen in unserem kleinen Land nicht grundsätzlich falsch sein.

Also versuchen wir es mit Naivität: Die Regierung muss nochmals von vorne beginnen. Das aktuelle Arbeitsprogramm wird den riesigen Herausforderungen nicht gerecht, statt regiert wird reagiert. Jetzt endlich müssen beide Parteien über alle ideologischen Schatten springen und Rezepte gegen die Arbeitslosigkeit und für Steuersenkungen finden, gegen die hohen Arbeitskosten und für mehr Innovationen, gegen die ausufernde Bürokratie und für einen effizienten Staat. Österreich verliert in allen internationalen Rankings, die für Wirtschaftskraft und Wohlstand stehen. Und was diese Rankings aufzeigen, spürt jeder von uns beim Blick auf den Lohnzettel und beim täglichen Einkauf: Wir arbeiten mehr für weniger Geld, während der Staat über immer mehr Mittel verfügt. (mehr dazu)

Schon wieder naiv: Mehr Ehrlichkeit

Es ist schon sehr naiv zu glauben, dass die Kraft für einen Neuanfang da ist. Aber dann fehlt noch etwas: Politik und Medien brauchen ein ehrlicheres Miteinander. Das könnte schon einmal damit beginnen, dass Politiker zugeben, dass sie versucht haben, sich die Meinung von Gratiszeitungen durch millionenschwere Inserate zu kaufen. Es hat ja ohnehin nicht funktioniert, wie alle aktuellen Umfragen beweisen, die SPÖ und ÖVP gemeinsam keine Mehrheit mehr geben. Also Schluss damit.

Die Opposition könnte ihren Vorrat an Schimpfworten durchforsten. Die neue Form von U-Ausschüssen als Minderheitenrecht wird bei gutem Willen funktionieren und die Griss-Kommission soll einmal arbeiten, ohne dass bei jedem Mitglied nachgeforscht wird, ob es einmal bei roter Ampel über die Kreuzung gegangen ist.

Die Medien, auch die seriösen, wiederum sollten eingestehen, dass wir in der Politik gerne das Scheitern suchen und sachlichen Geschichten nicht immer ausreichend Raum geben. Das führt dann dazu, dass in beiden Regierungsparteien Denkverbote, etwa zu Steuern oder Studiengebühren, herrschen, weil sich die Politik nicht zutraut, neue Erkenntnisse in der schnellen, oft oberflächlichen Medienwelt zu argumentieren.

KURIER-Leser haben unter dem Titel "Wir verbessern Österreich" viele Vorschläge eingebracht. Wir stehen weiter gerne als Plattform für ein besseres Österreich zur Verfügung, naiv und in aller Ernsthaftigkeit.

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