Das peinliche Gezerre um die Lufthoheit

In der Flüchtlingsfrage bräuchte es eine einige Regierung, kein "Ich war zuerst".
Andreas Schwarz

Andreas Schwarz

In der Flüchtlingsfrage bräuchte es eine einige Regierung, kein "Ich war zuerst".

von Andreas Schwarz

über das Flüchtlings-Hick-Hack

Am Sonntag tritt Werner Faymann "Im Zentrum" auf, allein. Der Kanzler soll/will nach deutschem Vorbild – Stichwort: Angela Merkel bei Anne Will – die (Flüchtlings-)Lage erklären. Ob das die Quote der oft lahmen Diskussionssendung im ORF erhöhen wird, ist offen. Erhöht hat alleine das Faktum schon den Blutdruck beim Koalitionspartner: "SPÖ-Belangsendung", wird gewettert, und der Vizekanzler nutzte ein ZiB2-Interview zu einem einigermaßen unsouveränen Auftritt mit dem Begehr, auch was zu sagen zu haben.

Was zunächst aussieht wie das in diesem Land übliche, vermeintliche Proporz-Zugriffsrecht auf das öffentlich-rechtliche Fernsehen hat einen viel tieferen Hintergrund: Es geht um die Lufthoheit über den Flüchtlingskurs der Regierung nach dem Motto "Ich war zuerst".

Im Sommer noch hat man angesichts der Unmenschlichkeit in Ungarn gemeinsam mit der deutschen Kanzlerin die "Willkommenskultur" geprägt. Dann haben Johanna Mikl-Leitner und Sebastian Kurz begonnen, vor einem "Wir schaffen das nicht" zu warnen. Und im Jänner ist die SPÖ im Zuge der Obergrenzen-Debatte zähneknirschend darauf eingeschwenkt – unter der Erkenntnis, dass der neue Kurs der mehrheitsfähige ist.

Seither wird der Kanzler nicht müde, sich als Speerspitze gegen den Merkel-Kurs und für Grenzschließungen zu präsentieren. Der Außenminister macht mit schlüssig-geschickter Argumentation mehr Werbung für sich als für seine Partei. Und der ÖVP-Chef zeigt auch auf (wer ist eigentlich sein Medienauftrittsberater?).

Dass gerade die Flüchtlingsfrage, die von einer Lösung noch meilenweit entfernt ist, für eine verunsicherte Bevölkerung vor allem eine einig auftretende Regierung bräuchte, hat diese auch nach bald mehr als einem Jahr noch nicht ansatzweise begriffen.

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