Klarer Sieg, aber das falsche Referendum

Tsipras hat klar gesiegt – aber in Wirklichkeit hätte es ein ganz anderes Referendum geben müssen.
Andreas Schwarz

Andreas Schwarz

In Wahrheit hätte Griechenland ein Referendum über einen neuen Staat gebraucht.

von Andreas Schwarz

über Tsipras' Referendum

Kaum ein Instrument der Demokratie eignet sich besser zum Schindludertreiben als das Referendum. Das wissen wir in Österreich nur zu gut. Aber just in der "Wiege der Demokratie" wurde das Referendum am Sonntag zu etwas missbraucht, das dem Ursprung des Begriffs ("Volksentscheid") Hohn lacht.

Den Griechen wurde vorgegaukelt, wählen zu dürfen. Zwischen "oxi", einem Nein zu Reformen, auf dass Athen eine stärkere Position gegenüber den Nichtmehr-Geldgebern habe. Und "nai", einem Ja zum Reformdiktat aus Europa mit unzumutbaren Einschnitten ins tägliche Leben. So zumindest argumentierten die Vorgaukler und Erfinder des Referendums.

Die Griechen sind dieser beispiellos populistischen Nein-Kampagne mit großer Mehrheit gefolgt. Sie gaben die Schuld an ihrer Misere der EU, nicht ihrer Regierung und deren Vorgängern.

Dennoch: Die Gaukler heißen Alexis Tsipras und Yanis Varoufakis. Tsipras hat die Wahlen im Jänner mit der doppelt linken Versprechung gewonnen, den Griechen zur Gesundung des maroden Landes harte Maßnahmen ersparen zu können. Und er versteckte sich, als er an die Geldgeber-Grenzen stieß, hinter seinem Volk. Varoufakis hat sein Amt als Finanzminister in eine schnelle Hochglanz-Popularität gemünzt. Und verblüffte Freund und Feind mit einer arrogant-selbstgefälligen Chuzpe gepaart mit einer erratischen Dialog-Unfähigkeit.

Das ist das Personal, das ein Land retten soll, das ohne EU-Hilfe längst bankrott wäre.

Hilfspakete reichen nicht

In Wahrheit hätte Griechenland kein Referendum über ein Hilfspaket gebraucht, sondern eines über einen neuen Staat. Einen, der funktioniert. Einen, in dem Steuerzahlen keine Unzumutbarkeit ist. Einen, in dem Bürokratie nicht privilegierter Selbstzweck ist, sondern dem Volk dient. Einen, in dem Gesetze nicht für die ungestörte Bereicherung von ein paar Hundert Oligarchen gemacht und gebogen werden, und zwar von allen Regierungen bisher, sondern für die Menschen.

Das lässt sich nicht mit Hilfspaketen von außen bewerkstelligen, auch nicht mit von den Geldgebern diktierten Pensionskürzungen/Steuererhöhungen. Das kann nur von innen kommen. Und zwar dann, wenn die Bevölkerung eines erkennt: Dass es auf Dauer nicht reicht, sich mit den Ungeheuerlichkeiten des griechischen Staatsunvermögens zu arrangieren und in einem Kokon vermeintlicher So-ging-es-eh-immer-Sicherheit zu leben. Die Sicherheit ist weg. Der unfähige Staatsapparat ist noch da.

Wie immer die Verhandlungen zwischen Griechenland und der EU jetzt weitergehen: Athen muss wissen, dass es vergleichsweise ein Randproblem in Europa ist. In seiner Behandlung hat die Union Geduld gehabt, auch Fehler gemacht – aber die wahren Probleme Europas liegen woanders. Wie mit der Migration und dem Flüchtlingsansturm umgehen, wie Russland wieder vom Konfrontations-Baum herunter holen, das sind existenzielle Fragen für die Union. An Griechenland zerbricht sie nicht.

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