Kann denn Reichtum Sünde sein?

Der Wahlkampf bringt den Klassenkampf zurück. Aber ein Land ohne Vermögen ist arm statt gerechter.
Martina Salomon

Martina Salomon

Theoretisch könnte Österreich ein guter Finanz-Standort sein und Vermögen anziehen.

von Dr. Martina Salomon

über Millionäre

Bernhard Felderer, Chef des Staatsschuldenausschusses, hat vergangene Woche ein provokantes Wort gelassen ausgesprochen: „Wir brauchen die Reichen“, sagte er im KURIER, und er hat recht. Irgendwer muss nämlich den Super-Sozialstaat zahlen, den Österreich eingerichtet hat. Die Volksmeinung, dass sich die „Reichen“ davor drücken, stimmt nur bedingt. Wer zum Beispiel eine Stiftung einrichtet, zahlt einen hohen Eingangssteuersatz. Aktionäre – gern als „Zocker“ gebrandmarkt – berappen Wertpapiersteuer, ohne aber Verluste gegenverrechnen zu können, was übrigens auch die Erträge von Pensionsfonds schmälert. Auf Sparbüchern schwindet, dank Niedrigzinsen und hoher Inflation, Geld, statt sich zu vermehren. Das Ziel: Krisenländer können sich leichter entschulden. Ein Einkommen über 60.000 Euro im Jahr wird mit dem Spitzensteuersatz belastet. Die Grundsteuer ist vergleichsweise niedrig – wird aber daran gedreht, verteuern sich die Mietpreise (auch jene der Gemeinde Wien als größte Hausbesitzerin). Trügerisch ist auch die Hoffnung auf die Finanztransaktionssteuer: So sie überhaupt kommt, wird sie Geld nach London und anderswohin vertreiben.

Theoretisch könnte Österreich ein guter Finanz-Standort sein und Vermögen anziehen. Doch das Gegenteil ist der Fall: Stifter kämpfen mit mangelnder Rechtssicherheit – ständige Gesetzesänderungen und Neid-Debatten schlagen sie in die Flucht. 2012 wurden seit Langem erstmals mehr Privatstiftungen gelöscht als neu gegründet. Der Wahlkampf verstärkt diese Tendenz. Die SPÖ hat nichts aus der katastrophalen Bilanz ihres französischen Parteikollegen Hollande gelernt. Obwohl dort die Wohlhabenden flüchten und die Wirtschaft schrumpft, fordert auch sie unverdrossen eine „Millionärs-Steuer“ – mal zweckgebunden für Bildung, mal für die Finanzierung einer Lohnsteuersenkung. Als gelernter Österreicher weiß man aber, dass am Ende alle noch mehr zahlen werden, weil der verschwenderische Staat einfach nie genug kriegen kann. Wer die „Reichen“ vertreibt, macht das Land nicht gerechter, sondern ärmer.

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