Hass gegen Hilfe ist kein Kavaliersdelikt

"Flammenwerfer für Flüchtlingskinder"? Sanktionen gegen Hass-Poster sind aber nur ein letzter Notwehr-Akt.
Josef Votzi

Josef Votzi

Hass und Hetze gegen Hilfesuchende sind kein Kavaliersdelikt.

von Josef Votzi

über die Flut von Hass-Postings gegen Asylwerber

Mitten in der Sommerpause macht die Regierung endlich ihren Job: Sie nimmt die Suche nach menschenwürdigen Quartieren für Flüchtlinge selber in die Hand. Mit dem Ziel, auch die durchwegs gutwillige Bevölkerung nicht zu überfordern. Das verdient Applaus: Bravo, mehr davon, bitte! Denn Faymann hat recht, wenn er sagt: "Wir stehen erst am Anfang eines langen Weges."

Nicht nur praktisch, sondern auch politisch: Als es kürzlich vor dem Erstaufnahmelager in Traiskirchen brannte, kommentierte eine Grazerin auf Facebook schlampig, aber gehässig: "was? vor den Mauern. In den (sic!) Gebäude wäre besser. schlecht gezielt." Die Frau, Führungskraft bei Spar, wurde entlassen. Während der jüngsten Hitzewelle machte das Bild eines 6-jährigen Flüchtlingsmädchens die Runde: Es strahlt fröhlich, weil die Feuerwehr es mit einem Wasserstrahl abkühlt. Ein Kfz-Lehrling postete auf Facebook: "Flammenwerfer währe (sic!) da die bessere Lösung gewesen." Der 17-Jährige ist seine Lehrstelle bei Porsche los.

Im Internet tobt nun die Debatte: Opfer von Dummheiten oder gerechte Strafe? Die Supermarkt-Kette Spar lässt nüchtern, aber bestimmt wissen: "Wir beschäftigen Menschen aus 30 Nationen. Fremdenfeindlichkeit hat da keinen Platz." Privat-Konzerne sind da offenbar schon weiter als staatliche Organe. Sie legen großen Wert darauf, dass ihre Mitarbeiter auch extern leben, was intern gilt: Multikulturelle Vielfalt ist längst selbstverständlich und keine Bedrohung.

Im Flüchtlings-Drama stehen wir erst am Anfang

Wo alle noch am Anfang sind, ist der Umgang mit der Wurzel des Übels: Was tun mit dem tiefsitzenden Hass? Und: Warum entlädt sich dieser jetzt mit solcher Wucht? Ein guter Teil ist der vermeintlichen Anonymität des Internet geschuldet. Manche glauben hier endlich sagen zu können, was sie sich öffentlich nie zu sagen trauten. Aber auch vor Medien-Mikrofonen heißt es immer öfter: Ich bin ja kein Ausländerfeind, aber – kann ich als Frau noch joggen gehen, wenn jetzt auch bei uns Flüchtlinge leben?

Strenge (Firmen)-Regeln und konsequenter Einsatz des Strafrechts gegen Hassposter können nur ein letzter Notwehrakt sein. Was an Vorurteilen, Halbwahrheiten und offensiven Lügen auch im digitalen Untergrund brodelt, wird damit nicht aus der Welt geschafft. Latente Ängste vor "ungebremster Asylantenflut", aber auch Tabus wie "Scheu vor Abschiebungen" gehören ins Scheinwerferlicht der öffentlichen Debatte. Da ist die Politik vom Kanzler abwärts gefordert, klar wie Spar oder Porsche Position zu beziehen und mehr zu führen, statt sich wegen dräuender Wahlen wieder feige wegzuducken. Auch wir Medien sind da noch mehr gefordert. Der Fakten-Check im vorwöchigen Sonntag-KURIER zu oft gestellten Stammtisch-Fragen ("Ist Österreich ein Flüchtlings-Paradies?") war diese Woche die meistgeklickte Story auf kurier.at. Die Serie über die 40 besten Integrationsgemeinden des KURIER-Chronik-Ressorts hat einige Bürgermeister ermutigt, auch in ihrer Gemeinde Flüchtlinge aufzunehmen. Denn eines gilt für Medien und Politik unisono: Am Weg zu einer zivilisierten Auseinandersetzung stehen wir in der Flüchtlingsfrage alle bestenfalls am Anfang.

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