Eine Notverordnung ohne Notstand

Michael Bachner

Michael Bachner

Die Vorbereitung auf den Ernstfall dient nur noch dazu, die Grenzen möglichst rasch dicht zu machen.

von Mag. Michael Bachner

über die Notverordnung ohne Not

Die ÖVP hat die Aussagen von Kanzler Christian Kern vorsichtig positiv kommentiert, deutete der SPÖ-Chef doch Bewegung sowie einen baldigen Begutachtungsstart bei der umstrittenen Asyl-Notverordnung an. Auch wenn es keinen Notstand gibt, worauf etwa Caritas-Chef Michael Landau großen Wert legt, gelte es, vorbereitet zu sein, wenn es wie 2015 zu einem großen Flüchtlingsandrang kommen sollte. Diese Argumentationslinie hat die SPÖ von der ÖVP übernommen.

Schade ist, dass die Vorbereitung auf den möglichen Ernstfall nur noch dazu dient, wie man möglichst rasch die Grenzen dichtmachen kann – am Brenner, in Spielfeld oder in Nickelsdorf. Es gelingt offenbar immer weniger, den Flüchtenden und Geflüchteten anders als mit Abschreckung und Polizeigewalt gegenüberzutreten.

Doch das ist der politischen Wirklichkeit geschuldet. Anderes zu behaupten, wäre schlicht naiv. Innenpolitisch dürfen SPÖ und ÖVP den blauen Scharfmachern nicht weitere Wähler zutreiben, schon gar nicht vor der zweiten Hofburg-Stichwahl. Außenpolitisch ist die halbwegs gerechte Verteilung der Flüchtlinge auf alle EU-Länder und nicht nur Schweden, Österreich und Deutschland grandios gescheitert. Nun droht auch noch der Flüchtlingsdeal mit der Türkei zu platzen.

Eine Antwort: Der konsequente Schutz der Außengrenzen – aber wie oft hat man das schon gehört. Landau hat recht, wenn er uns erinnert: „Die Grenzen Europas dürfen keine Grenzen des Todes werden. Wer Schutz vor Verfolgung sucht, muss diesen Schutz in Europa in menschenwürdiger Weise finden können. Alles andere wäre Verrat am Fundament und an den Werten, auf denen Europa und Österreich ruht.“

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