Eine fast vergessene Art von Politik

Ein US-Präsident und der Papst führen den Europäern vor, was politischer Gestaltungswillen bedeutet.
Konrad Kramar

Konrad Kramar

Eine fast vergessene Art von Politik

von Mag. Konrad Kramar

über Team Papst-Obama

Lange im Geheimen vorbereitet, dann schnell und konsequent gehandelt. Die historische Wende, mit der am Mittwoch das Ende des Kalten Krieges zwischen den USA und Kuba eingeläutet wurde, ist das Ergebnis einer ebenso historischen Zusammenarbeit. Mit der Rückendeckung aus dem Weißen Haus wurde der Papst zum Vermittler zwischen den zwei seit einem halben Jahrhundert verfeindeten Nachbarn. Man fühlt sich an seinen Vorvorgänger, Johannes Paul II., erinnert, der vor 30 Jahren – damals in enger Zusammenarbeit mit Ronald Reagan – zur Galionsfigur des polnischen Widerstandes wurde und so den Fall des Eisernen Vorhanges einleitete. Obama, eigentlich als "lahme Ente" abgetan, hat nichts anderes getan, als aus einer Einsicht, die sich in fast allen politischen Zirkeln der USA längst durchgesetzt hatte, endlich die Konsequenzen zu ziehen: Das Embargo, das das Castro-Regime nicht geschwächt, sondern einzementiert hat, muss weg.

Sicher, es gibt Widerstand der Republikaner zu überwinden, die die Aufhebung des Embargos verzögern könnten. Doch diese Blockadepolitik wird nichts daran ändern, dass der Präsident in der Kuba-Frage das Heft des Handelns in der Hand hält. Franziskus wiederum hat bewiesen, dass moralische Autorität auch in Zeiten, wo Politik nur noch als zynisches Geschäft im Auftrag wirtschaftlicher Interessen betrachtet wird, eine Rolle spielt. Vor allem aber haben beide Mut bewiesen – und das ist allemal die Grundvoraussetzung, um schwierige Veränderungen zumindest ins Rollen zu bringen. Zwei Tage nachdem die EU nichts als eine knieweiche Ja-aber-Resolution zum Thema Palästinenserstaat zustande gebracht hat, auch eine Erinnerung daran, dass man auch heute noch Politik machen kann. Man muss nur wollen.

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