Ein neues "Daham" für den Islam

Proteste made in Ankara belegen: Das Islamgesetz war überfällig und erregt zu Recht europaweit Aufsehen.
Josef Votzi

Josef Votzi

Ein neues "Daham" für den Islam.

von Josef Votzi

über das österreischische Islamgesetz

Da kann Heinz-Christian Strache noch so oft an das Grab im Kärntner Bärental pilgern. Aus dem FPÖ-Chef wird kein Jörg Haider mehr. "Die Multi-Kulti-Befürworter von Rot-Grün sorgen dafür, dass Wien zur Hochburg der Dschihadisten geworden ist", tat Strache jüngst lauthals kund. Sein großes Vorbild schaffte es mit zweifelhafteren Aussagen wie diesen auch in die weltweiten Schlagzeilen. In den USA wird man noch heute bestenfalls auf drei Österreicher angeredet: Arnold Schwarzenegger, Kurt Waldheim – und Jörg Haider.

Nach Strache kräht international kein Hahn. Das liegt nicht nur daran, dass sich auf dessen Slogans wie "Daham statt Islam" jenseits der Landesgrenzen niemand einen Reim machen kann. Auch in der heimischen Debatte geben die Blauen nicht mehr allein den Ton an.

Sebastian Kurz macht auch als Außenminister Strache zunehmend das erste Wort streitig – zuletzt mit einer scharfen Abgrenzung zwischen Islamismus und Islam. Ob auch die vehementen Vorstöße von Franz Voves und Hans Niessl gegen "Integrationsunwillige" mehr als nur dem Wahlkampf geschuldet sind, muss sich erst weisen.

Fakt bleibt: Das blaue Monopol auf eine tabulose Debatte über Migration & Integration ist gebrochen. Nachhaltig niedergeschlagen hat sich das im Islamgesetz, das diese Woche erfolgreich das Parlament passierte. Die von Josef Ostermayer und Sebastian Kurz ausverhandelten Paragrafen definieren nicht nur neue Rechte: Muslime haben künftig Anspruch auf Seelsorge in Krankenhäusern, Gefängnissen und beim Heer; religiöse Speisegebote und Feiertage sind vom Staat zu respektieren. Die Debatte über die neuen Pflichten haben diese Gleichstellung mit anderen Religionen überlagert: Moscheen und Gebetsräume müssen sich künftig autonom finanzieren. Allein 60 der 300 islamischen Prediger, schätzen Insider, stehen auf der Payroll der Türkei. Damit soll künftig Schluss sein.

Win-win-Angebot stößt noch auf taube Ohren

Die von Kurz & Ostermayer eingeleitete Kehrtwende ist derart spektakulär, dass sie europaweit registriert wird. In Deutschland gab es von der FAZ bis zur Süddeutschen Zeitung überwiegend Applaus. " Wien ist Vorbild", titelt der Spiegel und lässt in seiner neuen Ausgabe einen prominenten islamischen Theologen ausführlich begründen, warum "Muslime in ihren Rechten gestärkt" und "Extremisten geschwächt würden". Genau das ist auch die politische Absicht der Regierung. Bei den Sprechern der österreichischen Muslime ist dieses Win-Win-Angebot noch nicht als solches angekommen. Die "Union europäisch-türkischer Demokraten" (UETD) steht nicht nur der Partei des türkischen Präsidenten Recep Erdoğan sehr nahe. Sie hat Erdoğan zuletzt einen umstrittenen Wahlkampfauftritt in Wien ermöglicht. Das Islamgesetz sei "kein Religionsgesetz, sondern ein Sicherheitspolizeigesetz", empört sich nun die UETD. Ein derart grober Klotz made in Ankara beweist: Ein Gesetz, das die Chance auf einen "Islam europäischer Prägung" (Sebastian Kurz) eröffnet, war überfällig.

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