Die Re-Agierung muss das A schnell verlieren

Interessengruppen, Landespolitiker sind stärker als die Regierung. Die braucht dringend einen Neuanfang.
Helmut Brandstätter

Helmut Brandstätter

Interessengruppen, Landespolitiker sind stärker als die Regierung. Die braucht dringend einen Neuanfang.

von Dr. Helmut Brandstätter

über die Regierung

Ein paar Tage lang hagelte es negative Kommentare in den Zeitungen zu den Sparplänen im Bildungsbereich, dann protestierten sonst stets disziplinierte SPÖ-Abgeordnete gegen die eigene Ministerin und schließlich zogen Lehrerverbände ihre üblichen Aussendungen aus ihren Laden. Das reichte, damit Bildungsministerin Heinisch-Hosek nach Tagen des trotzigen Beharrens ihre Verordnungen zurückzog.

Das ist auf den ersten Blick eine gute Nachricht. Denn der Satz: "Bei der Bildung darf nicht gespart werden" stimmt natürlich immer. Aber auf den zweiten Blick ist die Resignation am Karfreitag ein schlechtes Omen. Denn unser Schulsystem, das notorisch teuer und gleichzeitig unterdurchschnittlich gut ist, wird dadurch nicht besser. Noch schlimmer: Das Kompetenzwirrwarr in der Schule bleibt, notwendige Reformen im Sinne der Schüler werden wieder verschoben, wie schon so oft.

In Österreich wird zwischen Landeslehrern, die in den Pflichtschulen unterrichten und Bundeslehrern für die höheren Schulen unterschieden. Bezahlt werden alle vom Bund, wobei die Länder für ihre Lehrer regelmäßig mehr Geld verrechnen, als sie dürften. Das alleine ist schon absurd. Noch schlimmer aber ist, dass niemand die Schulleistungen kontrolliert. Nur so könnte man überprüfen, wo wirklich mehr – oder bessere Lehrer nötig sind. Seit Langem wird von so gut wie allen Experten gefordert, dass wichtige Entscheidungen autonom in der Schule fallen sollten. Das werden wir aber noch diskutieren, wenn die jetzigen Schüler mit ihren Enkerln darüber plaudern werden, wie das seinerzeit so war.

Nun wäre Frau Heinisch-Hosek gut beraten gewesen, den Streit um die Sparpläne zu einer grundsätzlichen Debatte über unseren verirrten staatlichen Aufbau zu Lasten der Schüler und Steuerzahler zu nützen. Das hat sie leider nicht getan, so wie diese Regierung seit ihrem Amtsantritt reagiert, anstatt mutig zu regieren.

Die Regierung braucht neues Programm

Wir wissen noch nicht, ob der junge italienische Regierungschef Matteo Renzi hält, was er verspricht. Aber immerhin ist er mit extrem ehrgeizigen Projekten angetreten, und zwar solchen, die die strukturkonservative und teure Verwaltung modernisieren sollen. Und er traut sich eine Steuerreform zu, die den Leuten mehr Geld lässt und die Wirtschaft ankurbeln soll.

Das ist das nächste Thema, wo die Entscheidungsschwäche der Regierung zu Protesten führen wird: Wir zahlen inzwischen so ziemlich die höchsten Steuern auf Arbeit in Europa. Leistung lohnt sich nicht, Steuerehrlichkeit schon lange nicht. Aber die Regierung will uns mit irgendwelchen Kommissionen abfertigen. Und dass im Gesundheitswesen die Millionen irgendwo zwischen dem Bund und den Ländern verschwinden, ohne den Patienten zu helfen, das weiß auch jeder im Land.

So ungeduldig waren die Österreicher noch nie. Mit Grund. Die Regierung muss sich ein neues Programm geben, sonst haben wir bald eine neue Regierung.

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