Die können gar nicht anders, oder doch?

Kanzler Faymann und Vize Spindelegger sind Produkte einer politischen Ordnung, die sich überlebt hat.
Helmut Brandstätter

Helmut Brandstätter

Noch immer haben SPÖ und ÖVP extrem viele Mitglieder.

von Dr. Helmut Brandstätter

über die beiden Großparteien

„Cogito ergo taceo“. Also sprach Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle und leistete damit einen Beitrag zur politischen Kultur: „Ich denke, also schweige ich.“ Der gelehrte Mann sollte seinen Kollegen erklären, dass das Wort „Partei“ ebenfalls aus dem Lateinischen kommt: pars, das heißt Teil.

SPÖ und ÖVP interpretieren aber seit Beginn der 2. Republik das Wort Partei so, dass ihnen ein großer Teil des Staates gehört. Und ein Teil der Menschen. So haben sie die Verstaatlichte Industrie ruiniert, so wird die Nationalbank bis heute nach dem „Abkommen von Honolulu“ von 1961 aufgeteilt, so werden erfolgreiche Manager punziert und erfolglose versorgt. Der Linzer SP-Stadtrat musste zwar zurücktreten, weil er ein Finanzgeschäft nicht verstand, aber dafür sollte er die Gelegenheit bekommen, in der Krankenkasse öffentliches Geld auszugeben. „Ohne Partei bin ich nichts“, hat der frühere SP-Bundeskanzler Fred Sinowatz einmal gesagt, nach dieser Methode leben noch immer viele bei uns.

Dass mit der FPÖ nichts besser wird, hat die schwarz-blaue Regierung Schüssel bewiesen, die rote Manager mit viel Steuergeld beseitigte und unfähige Parteigänger installierte. Wie primitiv, skrupellos und beleidigend für manche ORF-Mitarbeiter vorgegangen wurde, zeigte die berühmte Liste, die Peter Westenthaler (damals schon BZÖ) als Wahlkapitulation verfasste und der KURIER später veröffentlichte. Da wurde auch Journalisten, die nichts davon wussten, eine Parteipunze aufgedrückt. Westenthaler hatte bei seinem Herrn Jörg Haider gelernt. Haider, der mit dem Proporz Schluss machen wollte, ließ ihn ja auf besondere Weise hochleben.

Schein-Mitglieder

Dabei war Haider einmal ein Hoffnungsträger gewesen. Schon in den 1990er-Jahren gab es bei Personalvertretungswahlen bei der Wiener Straßenbahn hohe Gewinne für die FPÖ, obwohl so gut wie alle ein rotes Parteibuch hatten. Noch immer haben SPÖ und ÖVP extrem viele Mitglieder, die SPÖ rund 240.000. Im zehn Mal größeren Deutschland gibt es gerade doppelt so viele Sozialdemokraten,die ÖVP hat mehr Mitglieder als die CDU. Viele Leute haben also noch ein Parteibuch, weil es leider notwendig ist, aber kümmern sich nicht darum.

Doch auch Schein-Mitglieder können die schwindende Macht nicht retten. Wenn Faymann nicht als Inseratenkanzler in die Geschichte eingehen und Spindelegger mehr sein will als Reichsverweser von mächtigen Landesherrn, dann müssen die beiden aus dem System heraustreten, das sie groß gemacht hat. Konkret: Reformen sind erst dann gut, wenn rot-schwarze Lobbys dagegen Sturm laufen. Politiker, die von den Ländern in den Bund geschickt werden, sind darauf zu prüfen, ob man sie nur abschieben wollte, Veränderungen müssen genau erklärt werden. Da wiederum ist eine kritische Öffentlichkeit letztlich hilfreicher als gekaufte Medien.

Gut, das ist sehr viel verlangt, aber vielleicht war das Votum vom letzten Sonntag doch deutlich genug.

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