Die Hoffnung trägt pink-grün, nicht blau

Die FPÖ in einer Regierung zu „domestizieren“, bleibt eine Illusion. Strache spitzt auf den Kanzler 2018
Josef Votzi

Josef Votzi

Die FPÖ in einer Regierung zu „domestizieren“, bleibt eine Illusion.

von Josef Votzi

über Regierungs-Konstellationen

Die renommierte internationale Nachrichtenagentur Bloomberg widmet dem FPÖ-Wahlergebnis die Schlagzeile: „Warum sich die Faschisten in Österreich leichter tun als in Griechenland“ – illustriert mit dem Bild der Verhaftung des Parteichefs der ultrarechten „Goldene Morgenröte“ wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung. Ein hanebüchen gewagter Vergleich, der zu Recht Empörung auslöst.

Die Hamburger Zeit wirbt überraschend vehement für „Rot-Blau“. Beide Parteien kämpften mit den gleichen Themen um dieselben Wähler, so das liberale Blatt. Beide pflegten „ähnliche Feindbilder: Banken, Millionäre, Spekulanten“. Das Wahlergebnis sei ein Auftrag an Werner Faymann, „den blauen Parteiführer zu domestizieren“. In der SPÖ fordern nach dem schlechtesten Wahlergebnis aller Zeiten nicht nur Hinterbänkler, die Bannmeile gegenüber den Blauen zu durchbrechen.

Strache bald ein Fall für den Richter oder für die Resozialisierung am Regierungstisch? Selten hat ein Wahlergebnis national und europaweit derart polarisiert.

Was ist passiert? Die FPÖ hat erstmals wieder die 20 Prozent knapp übersprungen. In ihrer Hochburg Wien mit einem Plus von 0,13 Prozent; österreichweit mit knapp drei Prozent mehr. Noch in der Wahlnacht rechnete etwa Spiegel online das blaue Wahlergebnis inklusive der Stimmen fürs BZÖ und Stronach zu einem dramatischen „Rechtsruck“ von 30 Prozent hoch.

Buhlen um die blauen Wähler

Eine nüchterne Betrachtung ergibt eine andere Rechnung: Fast eine halbe Million Wähler ging diesmal nicht zum Schmied Strache, sondern zu den Schmiedls Stronach und Bucher. Sie fischten zwar im gleichen Wählerteich; Bucher und Stronach aber ohne jede Ausländerhetze, auch nicht perfide als „Nächstenliebe“ verkleidet.

Diese 30 Prozent eint nur, dass sie ihre tiefe Abneigung gegen die EU ventiliert haben. Das ist kein Grund, zur Tagesordnung überzugehen, aber auch keiner für Faschismus-Alarm nach Athener Muster. Hier rächt sich die Ignoranz gegenüber der wachsenden Anti-Euro-Stimmung. Das ist ein Auftrag, mit noch mehr Herz und Hirn für das Jahrhundertprojekt Europa zu werben. Ein Auftrag, mit Blau zu regieren, ist das nicht.

Die wahre Sensation der Wahl geht in der Rechtsruck-Hysterie unter. Mit den pinken Neos gibt es erstmals zwei Parteien, die auch aus der Opposition heraus nicht auf plumpe Nein-Sagerei setzen. Die Parteienlandschaft ist inklusive der gestärkten Grünen so in der Mitte breiter geworden. Das lässt hoffen, dass das Land doch lernfähig ist.

Das Buhlen um Strache bleibt vergebliche Liebesmüh. Er denkt nicht daran, den Steigbügelhalter für Schwarz oder Rot zu machen. Er lauert vielmehr darauf, beim nächsten Mal als Nr. 1 das Spiel selber zu bestimmen.

Was lohnt, ist das Buhlen um das neue Heer der Protestwähler, das weit über die Blauen hinausgeht. Dafür braucht es eine Allianz aller konstruktiven Kräfte – ob innerhalb oder außerhalb der Regierung ist sekundär.

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