Die große Wut – noch ist es eine Minderheit

Die Oberösterreicher haben ihren Landtag gewählt. Und ihre Angst vor Flüchtlingen ausgedrückt.
Helmut Brandstätter

Helmut Brandstätter

Wer einfache Lösungen verspricht, sagt nicht die Wahrheit.

von Dr. Helmut Brandstätter

über OÖ und die FPÖ

Vor knapp zwei Wochen haben die OGM-Meinungsforscher in Oberösterreich für den KURIER die sogenannte Sonntagsfrage gestellt. Die Zahlen haben wir am vergangenen Sonntag veröffentlicht, sie trafen ziemlich genau das Ergebnis von gestern: Schwere Verluste für ÖVP und SPÖ, Verdopplung für die FPÖ, Grüne stabil. Das heißt also, dass die Wählerinnen und Wähler seit Wochen wissen, was sie wollen: Die Regierungsparteien im Bund ordentlich dafür bestrafen, dass so viele Flüchtlinge ins Land kommen. Wie eine gestärkte FPÖ in Linz erreichen soll, dass niemand mehr an der Grenze steht, hat dabei nicht interessiert, ebenso wenig, was die schwarz-grüne Regierung in den letzten sechs Jahren getan hat oder in der nächsten Periode tun sollte. Angst und Wut sind im Moment die besten Wahlhelfer, dass die politischen Gefühlsverstärker keine Anleitungen für die Lösung von Problemen dabei haben, schadet ihnen nicht.

Aber man muss noch genauer hinschauen. Die ÖVP hat im Schock der schlechten Umfragen im letzten Moment eine halbe Kehrtwendung versucht. "Asyl auf Zeit" wurde als Versuch präsentiert, Ängste zu kanalisieren. Zu wenig, zu spät, nicht glaubwürdig. Und wenn Außenminister Kurz in einem Gratisblatt noch Sorgen formuliert, dass unter den Flüchtlingen IS-Kämpfer sein könnten, dann bringt er seiner ÖVP keine einzige Stimme. Die Wahrheit ist viel komplizierter und eignet sich halt nicht für populistische Auftritte am Boulevard: Die Mörderbanden des IS sind für viele Moslems, die hier aufgewachsen sind, attraktiv. Hier hat Integration versagt, hier brauchen wir politische Initiativen.

Was macht die FPÖ so attraktiv?

SPÖ-Spitzenkandidat Entholzer hat nach der burgenländischen rot-blauen Partnerschaft die ganze Verwirrung der Sozialdemokraten abbekommen. Aber er war auch davor kein ernsthafter Kandidat für den Landeshauptmann. Wenn die SPÖ in einem Industrieland wie Oberösterreich keine Politikerin und keinen Politiker findet, die als Nummer 1 auftreten können, ist ohnehin alles verloren. Die Grünen hatten es leicht, weil sie ihre Linie beim Asyl nicht korrigieren mussten. 10 Prozent der Bevölkerung sind offenbar eine klare Stammwählerbasis. Die haben die NEOS noch nicht, der Einzug in den Landtag wurde verfehlt.

Aber was macht die FPÖ so attraktiv? Dass sie Ängste formuliert, denen im Moment niemand begegnen kann. Es werden weiter Hunderttausende nach Europa kommen – und Länder, die menschlich agieren, sind eben attraktiver, als solche, die mit Schüssen drohen. Welches Land wollen wir sein, wie verstehen wir unsere – ja auch christlichen – Werte? Aber auch: Wie setzen wir diese und die Werte der Aufklärung bei den Zuwanderern durch? Und teilt die FPÖ, wenn sie etwa vom autoritären Putin schwärmt, alle Errungenschaften der Aufklärung? Darum geht es in den nächsten Jahren. Wer einfache Lösungen verspricht, sagt nicht die Wahrheit.

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