Der Bajuware sucht den bayrischen Weg

Mitterlehner hat eine schrumpfende Partei übernommen. Seine bayrischen Nachbarn wissen, wie es geht.
Helmut Brandstätter

Helmut Brandstätter

Seine bayrischen Nachbarn wissen, wie es geht.

von Dr. Helmut Brandstätter

über Mitterlehners ÖVP

In den 1970er-Jahren, als die ÖVP dem SPÖ-Kanzler Bruno Kreisky hilflos gegenüberstand, fuhren Funktionäre ins nahe Bayern, um das Phänomen CSU – Christlich Soziale Union – zu beobachten. Der dortige Ministerpräsident Franz Josef Strauss schaffte mit seiner CSU im Jahr 1976 immerhin 60 Prozent. Auf Bundesebene funktionierte der Polterer und Verführer Strauss nicht, aber in Bayern gelang es ihm, die CSU als Motor einer modernen Industriegesellschaft darzustellen, die gleichzeitig die Traditionen pflegt. "Laptop und Lederhose" funktioniert auch heute noch.

Ein Teil des Erfolges bestand darin, dass sich die CSU um die Bewohner der Städte bemüht hat. In München gab es sogar einmal einen CSU-Oberbürgermeister, bei der Wahl im Frühjahr wurde die CSU stärkste Partei.

Die ÖVP hat zwar immer wieder neue Programme geschrieben und in Seminarräumen vielleicht sogar soziologische Veränderungen verstanden, aber politisch verengten sich die Bürgerlichen auf ein paar Klientelgruppen – ähnlich wie die SPÖ, aber es gibt eben mehr Pensionisten als Bauern.

Schon im Jahr 2007 erarbeitete die ÖVP eine Steuerreform, Volumen 10 Milliarden Entlastung. Die Grenzsteuersätze zwischen 20.000 und 30.000 Euro sollten deutlich gesenkt werden. Inzwischen wurden einige ÖVP-Finanzminister verbraucht, und wir zahlen noch höhere Steuern. Keiner hat sich über eine Reform getraut – aus Angst vor Widerständen.

Die ÖVP hat gesellschaftliche Entwicklungen verschlafen und Sympathisanten dazu gebracht, die Neos zu gründen. Ins benachbarte Bayern zu schauen würde dem Oberösterreicher Mitterlehner nicht schaden.

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