Brüder und Schwestern, auf zu mehr Freizeit?

Der Ruf nach der sechsten Urlaubswoche ist populär. Noch besser ist, über die Verteilung der Arbeit zu reden.
Helmut Brandstätter

Helmut Brandstätter

Die Deutschen haben Hausaufgaben gemacht, die noch vor uns liegen

von Dr. Helmut Brandstätter

über die sechste Urlaubswoche

Brüder, zur Sonne, zur Freiheit – das Lied der deutschen Arbeiterbewegung gehört aus mehreren Gründen neu interpretiert. Wer wird auf die Frauen vergessen? Und Freiheit ist heute selbstverständlicher als genug Freizeit. Die Trennung von Job und Muße ist in vielen Berufen schwierig geworden, die Beanspruchung steigt und die Verteilung der Arbeit in der Bevölkerung ist oft nicht sinnvoll. So greift die Forderung nach einer sechsten Urlaubswoche viel zu kurz.

Immer mehr Menschen arbeiten selbstständig. Zu Beginn des Unternehmerdaseins sind sechs Urlaubstage pro Jahr oft schon Luxus. Gerade Jungunternehmer spüren enorme Belastungen durch Steuern und Sozialversicherung. Wenn sie dann auch noch immer mehr Sozialleistungen zahlen sollen, werden sie keine neuen Arbeitsplätze schaffen. Größere Betriebe wiederum müssen höhere Kosten durch steigende Produktivität wettmachen, die erreicht man durch geringere Lohnkosten, also durch weniger Mitarbeiter.

Nur Dänemark und Deutschland haben 30 Tage Urlaub pro Jahr, aber die Deutschen haben Hausaufgaben gemacht, die noch vor uns liegen, wie etwa ein höheres Pensionsalter, auch für Frauen. Und sie haben ein höheres Wirtschaftswachstum. Die Österreicher arbeiten länger, was an mehr Überstunden liegt, die von vielen als regelmäßiger Teil des Gehaltes erwartet werden.

Wer also mehr Urlaub will, muss alle Konsequenzen bedenken. Und auch an Konzepten arbeiten, die die gesamte Lebensarbeitszeit berücksichtigen, inklusive die Entwicklung von Gehältern. Da sind wir bei Kollektivverträgen, und damit wieder einmal bei den Sozialpartnern. Die wissen wenigstens, dass es einfache Lösungen nur in Politikerreden gibt.

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