Bravo, Hohes Haus!

Mehr Kontrollrechte via U-Ausschuss sind die Chance zum Ausbruch aus der lebensbedrohlichen Erstarrung.
Josef Votzi

Josef Votzi

Bravo, Hohes Haus!

von Josef Votzi

über die U-Ausschuss-Reform

Die beiden Klubchefs, die sich einst auch mit ihrer Unterschrift dafür verbürgten, sind längst nicht mehr. Josef Cap und Karlheinz Kopf mühten sich fünf Jahre (!) lang zwar nach Kräften, das Ende der Steinzeit im Hohen Haus einzuläuten. Der Rückhalt in den eigenen Reihen dafür war aber enden wollend.

Noch im Frühjahr schlugen Koalitionsabgeordnete intern Alarm: Die Reform des Untersuchungsausschusses wird ein Rohrkrepierer. Den letzten Anstoß zum Durchbruch gab dann der Obmannwechsel in der ÖVP. Der wirtschaftsliberale Reinhold Mitterlehner geht mit Kritik und Kontrolle entspannter um als der in der schwarzen Stahlhelmfraktion sozialisierte Michael Spindelegger.

Der richtige Zeitpunkt und die richtigen Personen machten möglich, was die amtierenden Klubobleute Andreas Schieder und Reinhold Lopatka zu Recht als "Durchbruch in einer Demokratiefrage" feiern. Kontrolle wird – wie in vielen anderen entwickelten Demokratien längst selbstverständlich – auch in Österreich ein Minderheitenrecht: Ein Viertel der Mandatare kann einen U-Ausschuss einsetzen und selbstständig Zeugen laden. Wer sich weigert, dem drohen Beugestrafen bis zu 30.000 Euro.

Es ist nicht übertrieben, wenn Peter Pilz – als einer der hinter den Kulissen einmal mehr überraschend konstruktiv treibenden Kräfte – den "U-Ausschuss neu" als "größte Parlamentsreform seit 1945" preist. Volksvertreter erhalten in der Tat nun die reale Chance, sich vom Nasenring der Regierung zu lösen. Das Hohe Haus kann sich in Sachen Kontrolle &Aufklärung endlich selbst ernst nehmen.

Das Parlament und damit die ganze Politik sind dank der rituellen Erstarrung derart in Verruf, dass auch das Vertrauen in die Demokratie massiv leidet. Ein Hohes Haus, das diesen Namen mehr verdient, lässt weniger Platz für den zunehmenden Ruf nach einem starken Mann.

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