Wiener Syrien-Gipfel als erster Schritt

Österreich hat sich immer eingeredet, international wichtig zu sein – jetzt ist es das als Gastgeber.
Andreas Schwarz

Andreas Schwarz

Jahrzehntelang hat sich Österreich eingeredet, Drehscheibe zwischen Ost und West, viel beachteter Vermittler zu sein – ohne es je gewesen zu sein.

von Andreas Schwarz

über den Syrien-Gipfel in Wien

Wenn heute Mittag die Außenminister der USA, Russlands, der Türkei und Saudi-Arabiens im Wiener Hotel Imperial und dazu noch Vertreter der UNO und der EU über eine politische Lösung für den Syrien-Konflikt reden, dann werden sie den Krieg nicht beenden. Dafür ist es zu früh, auch wenn es schon Hunderttausende Tote und Millionen Flüchtlinge zu spät ist.

Zu früh, weil die Bemühungen am Beginn stehen. Weil wichtige regionale Player wie der Iran fehlen. Von den Konfliktparteien nicht zu reden. Und weil neben den unterschiedlichen Interessen vor allem die Frage, ob das alles mit oder ohne Syriens Machthaber Assad gehen soll, die handelnden Parteien spaltet.

Aber allein die Tatsache, dass dieses Gipfelgespräch stattfindet, und die Ahnung, dass hinter den Kulissen schon mehr besprochen worden sein dürfte, als die Welt weiß, macht erstmals ein wenig Hoffnung.

Für Wien ist das Gipfeltreffen jetzt schon ein Erfolg. Es ist nach der großen Ukraine-Europaratskonferenz vor eineinhalb Jahren und den Iran-Gesprächen mit erfolgreichem Abschluss im Sommer das dritte große weltpolitische Ereignis, das an der Donau stattfindet. Und es gibt nicht viele Städte auf der Welt, in denen John Kerry und Sergej Lawrow innerhalb eines Jahres öfter eingeflogen sind als Wien.

Jahrzehntelang hat sich Österreich eingeredet, Drehscheibe zwischen Ost und West, viel beachteter Vermittler und international anerkannter politischer Player zu sein – ohne es je gewesen zu sein. Österreich wurde in der Weltpolitik allenfalls wahrgenommen, als Bruno Kreisky Jassir Arafat und Muammar Gaddafi salonfähig machte, als es UNO-Sitz wurde, und als die Balkan-Expertise seiner Diplomaten gebraucht wurde. Das war’s auch schon.

Kurz-Erfolg in Zeiten erster Kritik

Unter Außenminister Sebastian Kurz versucht Österreich zwar auch, ein bisschen mehr mitzuspielen im internationalen Vermittlungsreigen, als seine Rolle hergibt. Aber darum tut es vor allem das, was es kann: Einfädler und Austragungsort für wichtige Gespräche sein. Kerry, Lawrow und Kollegen hätten auch in Genf oder sonstwo konferiert – die Wahrnehmung, die Österreich dadurch erfährt, dass sie es in Wien tun, und die Umwegrentabilität sind nicht zu unterschätzen.

Der Erfolg kommt für Kurz gerade recht. Zuletzt ist der Minister erstmals in den eigenen Parteireihen in die Kritik geraten, weil er sich zu smart um jene Bereiche schraubt, bei denen es imagemäßig keinen Blumenstrauß zu gewinnen gibt. Etwa um das Kamikaze-Amt des Wiener ÖVP-Chefs. Und auch in Sachen Integration – die Agenden ressortieren in sein Portfolio – hat man in Zeiten der Flüchtlingskrise nicht allzu viel vom sonst so umtriebigen Minister gehört.

Umso strahlender wird er heute John Kerry und Sergej Lawrow die Hand schütteln. Auch wenn wirkliches Strahlen erst angebracht ist, wenn der Gipfel tatsächlich ein Schritt in Richtung Syrien-Lösung sein sollte.

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