Signal an die arabische Welt

Ingrid Steiner-Gashi

Ingrid Steiner-Gashi

Umso bedeutsamer ist die Wahl und umso größer die Hoffnung, dass diese Entscheidung auch Signalwirkung hat.

von Mag. Ingrid Steiner-Gashi

über den Friedensnobelpreis

Entscheidungen des Friedensnobelpreis-Komitees haben Tendenz zu überraschen – so auch heuer mit dem Beschluss, das "Tunesische Dialog-Quartett" auszuzeichnen. Tunesien? Von dem Land, in dem im Dezember 2010 der Arabische Frühling seinen Ursprung nahm, hörte man mit Ausnahme verheerender Attentate so gut wie nichts mehr. Während aus der großräumigen Nachbarschaft des kleinen nordafrikanischen Staates von Libyen bis Syrien nahezu nur mehr Horrornachrichten zu vermelden sind.

Umso bedeutsamer ist die Wahl des Nobelpreis-Komitees und umso größer die Hoffnung, dass diese Entscheidung auch Signalwirkung haben soll.

Tunesien hat es – mit Mühen – geschafft, sich inmitten dieses Meeres aus Gewalt, Krieg und Chaos über Wasser zu halten. Mehr noch: Tunesien ist ein demokratischer Vorreiter in der arabischen Welt. Es hat seit eineinhalb Jahren eine Verfassung, die punkto religiöser und politischer Freiheiten und Frauenrechten in der arabischen Welt ihresgleichen sucht. Und auch die Islamisten Tunesiens haben bewiesen, dass sie in der Lage sind, politische zu kooperieren.

Möglich wurde dies, inmitten einer stark polarisierten Gesellschaft, auch durch einen nationalen Dialogprozess. Eine Art sozialpartnerschaftlicher Verhandlungsmarathon, zu dem sich vier wichtigsten Organisationen des Landes zusammenfanden: Das nun ausgezeichnete "Nationale Dialog-Quartett" – bestehend aus Vertretern des Gewerkschaftsverbandes, des Arbeitgeberverbandes, der Menschenrechtsliga und der Anwaltskammer. Ihr Bemühen, ihre Kompromissbereitschaft und und ihre Entschlossenheit, einen friedlichen Weg des Dialogs zu finden war nach Meinung des Nobelpreiskomitees maßgeblich für den Erfolg Tunesiens. Und diese Errungenschaften, so die Argumentation in Oslo, mögen Signal und Vorbild dafür sein, dass ein friedlicher Übergang in Richtung Demokratie auch in der arabischen Welt nicht unmöglich ist.

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