Flüchtlingspolitik ist mehr als „Law and Order“

Philipp Hacker-Walton

Philipp Hacker-Walton

Die Grenzen sollen noch dichter, Flüchtlingsrouten noch genauer überwacht werden

von Philipp Hacker-Walton

über EU-Flüchtlingspolitik

Der zeitliche Zusammenhang ist natürlich Zufall: Exakt eine Woche nachdem vor Lampedusa – wieder – ein Boot mit hunderten Flüchtlingen untergegangen ist, beschloss das EU-Parlament in Straßburg eine engere Zusammenarbeit in der Überwachung der Außengrenzen. Während die Abgeordneten votierten, wurden vor Italiens Küste noch immer Leichen geborgen.

Seit fünf Jahren wird in Brüssel am EUROSUR-Projekt gearbeitet; die neuerliche Flüchtlingstragödie unmittelbar vor Abschluss erhöht jetzt die Aufmerksamkeit. Genauer hinzuschauen ist auch dringend nötig.

Der Kern von EUROSUR ist die engere Zusammenarbeit der EU-Staaten in der Flüchtlingspolitik. Das klingt grundsätzlich vernünftig, heißt im Klartext aber vor allem eines: Die Grenzen sollen noch dichter, Flüchtlingsrouten noch genauer überwacht werden.

Das ist Flüchtlingspolitik nach dem „Law and Order“-Prinzip, die zwar im Versuch, Landesgrenzen zu schützen, ihre Berechtigung haben mag, dabei aber nur Teilaspekte behandelt und vor allem eines nicht kann: Flüchtlingsdramen wie jene vor Lampedusa verhindern. Kein noch so strenges Gesetz, keine noch so genaue Überwachung wird verhindern, dass verzweifelte Seelen sich auf der Flucht nach Europa in Lebensgefahr begeben.

Deswegen müssen sich die EU-Staaten nicht nur technisch, polizistisch, sondern auch politisch zu einer gemeinsamen Flüchtlingspolitik durchringen. Das hieße: Eine gerechtere Verteilung der Flüchtlingslast beschließen. Ein EU-weites effizientes Asylsystem aufbauen. Und nicht zuletzt aufschreien angesichts eines italienischen Gesetzes, das die Hilfe für in Seenot geratene Flüchtlinge unter Strafe stellt. Nein, das ist nicht, wie es in Brüssel dieser Tage oft heißt, eine „nationale Angelegenheit“. Sondern eine Schande für ganz Europa.

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