Faymann an den Gestaden Athens

Die griechische Regierung ist in Europa weitgehend isoliert – kann der Kanzler etwas bewirken?
Martina Salomon

Martina Salomon

Weil man hier sieht, wohin es führt, wenn ein Land über seine Verhältnisse lebt.

von Dr. Martina Salomon

über Griechenland als Warnung

Die europäische Welt schaut gerade – zum Teil durchaus skeptisch – auf den österreichischen Bundeskanzler. Für ihn persönlich ist das kein Nachteil, denn aus Hellas bringt Werner Faymann momentan wahrscheinlich leichter Lorbeer heim als aus dem Wiener Kanzleramt. Ein Schelm, wer denkt, das könnte auch ein Ablenkungsmanöver von schweren innenpolitischen Problemen sein. Aber Zynismus beiseite: Prinzipiell ist es positiv, wenn Österreich seine "neutrale" Rolle als Vermittler einsetzt – auch wenn es innerhalb der EU gar keine Neutralität mehr gibt. Am Ende zählt das Ergebnis. Und dabei ist sehr zu hoffen, dass sich Europa nicht von Athen erpressen lässt und Reformresistenz, Überheblichkeit, links-rechtsextremen Populismus und politischen Dilettantismus gewinnen lässt.

Ja, Faymann hat recht, die griechische Bevölkerung leidet unter dem Sparkurs im Gesundheitswesen, dort lässt sich nichts mehr streichen. Aber anderswo gäbe es Potenzial: bei den zu hohen Militärausgaben etwa, und bei den Pensionen. Griechen gehen noch früher als Österreicher in Pension, speziell die Beamten. Und dank vieler hoher Pensionen liegt der Durchschnitt auf deutschem Niveau. Die Regierung hat gleichzeitig den Geld-Abfluss reicher Griechen zugelassen und es nicht geschafft, eine wettbewerbsfähige Wirtschaft abseits des Tourismus aufzubauen. Sirtaki und Souvlaki sind zu wenig. Korrupte Eliten haben jahrzehntelang das Land ausgeplündert.

Aber aus Angst vor einem Grexit lässt sich Europa wohl noch lange auf der Nase herumtanzen und wird für alle Versäumnisse blechen. Daran kann Faymann nichts ändern. Aber er könnte Griechenland als Warnung verstehen: Weil man hier sieht, wohin es führt, wenn ein Land über seine Verhältnisse lebt.

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