Der Islam gehört zu Österreich

Aber: Er gehört nicht zur Identität.
Walter Friedl

Walter Friedl

Der Islam gehört heutzutage zu Österreich. Aber: Er gehört nicht zur Identität.

von Mag. Walter Friedl

über Tatsachen

Mutig, mutiger, Merkel. Nach dem islamistischen Terror in Paris und vor der gestrigen beeindruckenden Manifestation in Berlin für ein Miteinander der Religionen und Kulturen fand die deutsche Kanzlerin eindeutige Worte: "Der Islam gehört zu Deutschland." Ohne Schnörksel und selbst auf die Gefahr hin, dass diese Aussage rechte CDU-Schichten zur "Alternative für Deutschland" treiben wird, hielt Merkel Kurs. Im Gegensatz zu ihrem österreichischen Pendant Werner Faymann, der in der ZIB 2 vom Montag diese Formulierung nicht verwenden wollte.

Tatsache ist: Der Islam gehört heutzutage zu Österreich – genauso wie das Judentum, der Buddhismus oder der Hinduismus. Mehr als eine halbe Million Muslime, oder fast sieben Prozent der Bevölkerung, nicht als Teil der Alpenrepublik anzuerkennen, wäre Realitätsverweigerung. Klar ist aber auch, dass damit ein bedingungsloses Bekenntnis der Muslime zum Rechtsstaat und zu den universalen Menschenrechten verbunden sein muss. Nur dann ist ein fruchtbarer Dialog möglich, von dem das ganze Land profitieren kann.

Doch bei allem Respekt für andere Religionen – prägend für das Gebiet des heutigen Österreich war das Christentum. Insofern gehört der Islam nicht zur österreichischen Identität. Kann er gar nicht, denn Identität formt sich über Jahrzehnte und Jahrhunderte aus. Exkurs in die Vergangenheit: 1964 lebten laut Schätzungen 8000 Muslime in Österreich, 1971 gut 22.000 (0,3 Prozent der Bevölkerung), vor allem seit den 90er-Jahren stieg dieser Wert dann rasant auf den heutigen Stand.

Die Ängste vieler Menschen hierzulande vor einer Machtübernahme der Muslime sind völlig überzogen, und das Spiel so mancher politischer Rattenfänger mit diesen Ängsten ist ein widerlicher Opportunismus. In Wien (und nicht nur dort) wird auch in 100 Jahren die große Mehrheit nicht gen Mekka beten, dafür weiter der Weinseligkeit frönen. Und das ist gut so.

Denn die österreichische Seele – so unergründlich und diffus sie auch ist – hat ganz andere Prägungen. Muslimische Mitbürger, auch wenn sie mehr werden, werden den Charakter, die Identität der Alpenrepublik nicht maßgeblich verändern. Anderslautender Alarmismus zeugt eher von Kleingeist, denn von Selbstbewusstsein auf fester Basis.

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