Telekom: Geld spielte keine Rolle

Telekom: Geld spielte keine Rolle
Wirtschaft von innen: Der skandalgeschüttelte Konzern war spendabel. Ex-Chef Heinz Sundt wurde mit knapp 2,2 Millionen Euro abgefertigt.
Andrea Hodoschek

Andrea Hodoschek

Sechs Jahre lang war Heinz Sundt Chef der Telekom Austria. Mit einer gar nicht so üblen Bilanz: Börsegang geglückt, Ergebnisse verbessert, Schulden reduziert. Nach außen hin gefeiert, innen brodelte es aber heftig. Grobe Meinungsverschiedenheiten mit dem Finanzministerium unter Karl-Heinz Grasser und der Staatsholding ÖIAG machten aus Sundts Chefsessel bald einen Schleudersitz. Den Kampf gegen seinen Aufsichtsratsvorsitzenden, ÖIAG-Vorstand Johannes Ditz, gewann er noch - statt Sundt ging Ditz - doch im Oktober 2004 wurde sein Vorstandsvertrag nur noch um zwei Jahre verlängert. Wenige Monate zuvor war zwar die Kursaffäre passiert, aber damals glaubten nur kritische Zeitgenossen und die Medien an eine Kursmanipulation. Die von Sundt heftig dementiert wurde.

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Heute wissen wir mehr, und der ambitionierte Tennisspieler wird mit seinen damaligen Vorstandskollegen Rudolf Fischer, Stefano Colombo und Boris Nemsic bei der Staatsanwaltschaft als Beschuldigter geführt: Verdacht auf Untreue. Ende Mai 2006 schließlich wurde Sundt zurückgetreten. Wie im halbstaatlichen Bereich in Österreich spendable Tradition, ließ man es sich wieder einiges kosten, einen Manager loszuwerden - knappe 2,2 Millionen Euro. Die selbst für einen ehemaligen Telekom-Boss horrende Summe setzt sich aus der gesetzlichen Abfertigung - laut Geschäftsbericht mit einem Jahresbruttogehalt begrenzt -, der Restlaufzeit des Vertrags und anteiligen Boni zusammen.

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2006 flossen für den gesamten Vorstand (neben Sundt sein Nachfolger Nemsic, Fischer und Colombo) 1,385 Millionen Euro an Fixbezügen, 1,619 Millionen Prämien und 3,364 Millionen an Leistungen aus Aktienoptionsprogrammen. Damit die Chefs im Alter nicht darben müssen, gibt's zehn Prozent der Bruttogagen für die Pensionsvorsorge. Sundt konnte sich zusätzlich über einen Konsulentenvertrag freuen, der rund ein halbes Jahr lief und immerhin mit 10.000 Euro monatlich dotiert war. Spezielles Aufgabengebiet: Expansion in Serbien. Dort war Freund und Investor Martin Schlaff Miteigentümer eines Mobilfunkbetreibers, die Telekom kam trotzdem nicht zum Zug. Pech für Sundt, andernfalls hätte er noch eine Erfolgsprämie einstreifen können.

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Jetzt stellt sich für Sundt und seine Ex-Kollegen die bange Frage, ob sie ihre Abfertigungen behalten können. Sollten sie rechtskräftig verurteilt werden, hat die Telekom gute Chancen, die Abfindungen zurückzuholen. Der Aufsichtsrat beschloss ohnehin, dass alle rund 100 Manager, die 2004 von der Kursmanipulation profitierten, ihren daraus lukrierten Bonus retournieren müssen. Denn die Gelder waren 2004 "unter Vorbehalt" verteilt worden. Weil sich die Staatsholding ÖIAG ja doch nicht ganz sicher sein konnte, ob alles sauber gelaufen war. Über die Vorstände ergossen sich vom Geldregen von in Summe 9,2 Millionen Euro insgesamt fast 1,5 Millionen. Der neue Aufsichtsratspräsident und ÖIAG-Vorstand Markus Beyrer beauftragte Telekom-Chef Hannes Ametsreiter außerdem, Schadenersatz einzuklagen. Wer sich schuldig gemacht hat, muss zahlen. Wobei sich der Schaden nicht auf die Kursaffäre begrenzt, sondern auch jene rund neun Millionen Euro umfasst, die Peter Hochegger ohne entsprechende Leistungen erhielt. Der Ex-Lobbyist galt als Sundt-Mann, die beiden arbeiteten schon zusammen, als Sundt noch Mobilkom-Chef war.

Hochegger

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Hochegger verteilte Telekom-Gelder an die halbe Republik: - An den SPÖ-Abgeordneten Kurt Gartlehner 30.000 Euro für eine Expertise zum Breitbandausbau. - An die ÖVP-Fraktion Christlicher Gewerkschafter im ÖGB 30.000 Euro Marketingzuschuss. - Für das FPÖ-Parteiblatt Neue Freie Zeitung rund 200.000 Euro Druckkostenbeitrag. - An den Lobbyisten und ÖVP-Intimus Alfons Mensdorff-Pouilly 1,1 Millionen in Zusammenhang mit dem Polizei-Funknetz. Der Ehemann von Ex-VP-Ministerin Maria Rauch-Kallat könnte laut profil für seine Verdienste rund um die Auftragsvergabe bei diesem Projekt auch vom Konsortialpartner der Telekom, dem Handy- und Funkgerätehersteller Motorola, Provisionen kassiert haben. Über die Briefkastenfirma Valurex in Panama sollen bis zu 2,6 Millionen Euro geflossen sein. Valurex wird Mensdorffs verstorbenen "Wahlonkel", Timothy Landon zugeschrieben. Profil bezieht sich auf einen 2005 geschlossenen Vertrag zwischen einer deutschen Motorola-Tochter und Valurex. - An die Sekretärin des blau-orangen Ex-Vizekanzler Hubert Gorbach 264.000 Euro. - An den SV-Sierning 20.000 Euro, weitere 40.000 kamen von der Telekom direkt. Der Fußballclub in der oberösterreichischen Landesliga ist der Heimatverein von Ex-VP-Vizekanzler Wilhelm Molterer. Der "hilft uns, wo er kann" (Vereinspräsident Hermann Obermayr) und leitete ein Sponsor-Ansuchen an den damaligen Telekom-Vorstand Rudolf Fischer weiter. Eine Rechnung schickten die Kicker gleich direkt an Hocheggers Valora, zuhanden von Michael Fischer. Seines Zeichens früherer ÖVP-Direktor und Vertrauter Molterers, in der Telekom seit 2007 als "Head of Public Affairs" tätig.

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Die Liste wird mit Sicherheit länger. Der ehemalige Telekom-Manager und Kronzeuge Gernot Schieszler hat bei der Staatsanwaltschaft ausgepackt. Er selbst war in die Kursaffäre involviert und ließ sich von Hochegger für 465.000 Euro ein Vorstandskonzept schneidern. Von Ametsreiter wird der Kronzeuge öffentlich attackiert, "in dem Mann steckt kriminelle Energie". Warum, ist schwer nachvollziehbar. Ametsreiter, der ständig betont, wie sehr er um die lückenlose Aufklärung des Telekom-Sumpfes bemüht sei - und auch ist - geht ausgerechnet auf jenen Mann los, der als Erster vor der Staatsanwaltschaft ein volles Geständnis abgelegt hat. Erst Schieszlers Aussagen haben die Justiz auf Touren gebracht. Wird noch spannend: Mittlerweile werden nicht nur Schieszler und die Ex-Vorstände als Beschuldigte geführt ...

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Anzunehmen, dass neben dubiosen Immobiliengeschäften noch schmutzige Geschichten in Osteuropa ans Tageslicht kommen werden. Bei der Übernahme der Mobiltel (Bulgarien) und der weißrussischen Velcom. Allfällige Bestechungsgelder dürften auch hier über den "Hochegger-Topf" gelaufen sein. Jedoch nicht über die PR-Agentur HocheggerCom. Die Telekom-Honorare wurden über die Valora abgewickelt, die nach dem Auffliegen der Grasser-Homepage wieder für Dirty Deals aktivierte wurde und Hochegger alleine gehörte. Nicht zu verwechseln mit jener Valora, an der Karl-Heinz Grasser kurzzeitig beteiligt war.

ÖIAG-Chef Beyrer macht nun Tempo. Er beruft demnächst eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung ein und beauftragt eine externe, internationale Task Force. Die soll noch tiefer graben als die Telekom-Revision samt Wirtschaftsprüfer Deloitte und Anwaltskanzlei Fellner Wratzfeld - die 3,5 Millionen Datensätze auf Auffälligkeiten Richtung Hochegger prüften und 400 Seiten bei der Staatsanwaltschaft ablieferten. Interessant dabei: Die amtierenden Chefs Ametsreiter und Hans Tschuden wurden nicht gescreent. Die Öffentlichkeitsarbeit der Telekom hat derweil noch andere, ganz wichtige Sorgen. Thema der nächsten Ametsreiter-Pressekonferenz: "Der ökonomische Footprint der TA Group in Österreich". Derzeit ist wohl der kriminelle Fußabdruck interessanter.

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