Der rote Willi als Troubleshooter

Alle Finanzcharts auf Knopfdruck: Ithuba-Eigentümer Hemetsberger.
Investmentbanker Wilhelm Hemetsberger soll dem Land aus dem Finanzdesaster helfen.
Andrea Hodoschek

Andrea Hodoschek

Wenige Tage, bevor der Salzburger Finanzskandal öffentlich wurde, klopfte David Brenner, Noch-SP-Finanzreferent, beim Investmentbanker Willi Hemetsberger an: „Wir haben ein Problem, können Sie vorbeikommen?“ Der Eigentümer von Ithuba Capital konnte. Sechs Mann seiner Beratertruppe eruieren seitdem den aktuellen Wert sowie das Risiko aller Investmentpositionen des Landes. Und arbeiten Lösungen aus, wie diese Risken am kostengünstigsten reduziert werden können.

Wie viel die geschasste Finanzmanagerin Monika R. verzockte, ist derzeit noch nicht quantifizierbar. Doch bis zum 16. Jänner, wenn dem Landtag der erste Zwischenbericht vorgelegt werden soll, dürfte die Ithuba-Truppe fertig gerechnet haben. „Gegen das, was wir sonst machen, ist Salzburg ein kleines Projekt“, sagt Hemetsberger. Seine Mannschaft ist andere Dimensionen gewohnt – das Durchforsten von Veranlagungsportfolios in der Größenordnung von zig Milliarden Euro und Tausenden Positionen. Bescheiden ist auch das Honorar, statt üppiger Erfolgsprovisionen gibt sich Hemetsberger mit einer Pauschale von 50.000 Euro zufrieden: „Es hat mich interessiert und wenn der Vize-Landeshauptmann anruft, kann man nicht gut Nein sagen.“

Der rote Willi als Troubleshooter
Willi Hemetsberger, Salzburg, Korruption

Hemetsberger, der hauptsächlich Banken, Versicherungen und institutionelle Investoren als Kunden hat, spielte schon einmal im öffentlichen Bereich den Troubleshooter. 2010 stand er den ÖBB gegen die Deutsche Bank bei. Die ahnungslosen Eisenbahner ließen sich ein hochgiftiges, komplexes Portfolio andrehen, 550 Verlustmillionen drohten. Hemetsberger holte 295 Millionen zurück, man einigte sich auf 1,9 Millionen Honorar.

Den Spitznamen „roter Willi“ verdankt er seiner linken Vergangenheit und der ehemals kupferfarbenen Lockenpracht. Wie der glühende Anhänger der revolutionären universitären Basisgruppe „Roter Börsenkrach“, Besetzer der Wiener „Arena“ und Anti-AKW-Demonstrant zum Prototyp des Investmentbankers mutierte, ist schon erstaunlich. Eigentlich schwebte Hemetsberger, mit einer Amerikanerin verheiratet, die für US-Präsident Barack Obama wahlkämpfte, eine Karriere als Wirtschaftswissenschaftler vor. Als Postgraduate-Stipendiat an der Johns Hopkins University in Baltimore musste er für eine Investmentbank Optionen bewerten. Und staunte, wie rasch Trader sehr viel Geld verdienten. Kurz darauf saß er selbst im Handelsraum, die wissenschaftlichen Ambitionen hatten sich erledigt. Obwohl Wertpapierhandel für ihn „eigentlich angewandte Wissenschaft ist. Man entwickelt Hypothesen und überprüft sie in der Realität. Ist man erfolgreich, war die Hypothese richtig“.

Che-Guevara-Shirts und zerschlissene Jeans wurden gegen graue Anzüge getauscht, bald leitete er für die Citigroup in London die Abteilung für Aktienderivate. Der damalige Bank-Austria-Chef Gerhard Randa holte ihn nach Wien, um die CA-Investmentbank zu sanieren. 2001 wurde er Vorstand fürs Investmentbanking, vier Jahre später übernahm er das gesamte Trading, Sales und Structuring des UniCredit-Konzerns. Insider schätzten seine Jahresgage auf mehr als eine Million Euro.

Die Zäsur passierte 2007, ein Jahr vor seinem 50. Geburtstag. Mittlerweile Vater zweier Kinder, „wollte ich so nicht mehr weitermachen. Regelmäßige 80-Stunden-Wochen und nie zu Hause“. Dass er sich einen Porsche zulegte, „war typisch für meine Midlife-Crisis“. Heute fährt er lieber mit dem Rad ins Büro in der Wiener Innenstadt. „Der Willi war bei seinen Leuten sehr beliebt, er hat sich immer vor sein Team gestellt. Der hat sich auch nie an den internen Machtspielchen beteiligt. Er wollte einfach eine gute Performance hinlegen“, attestiert ihm ein Banker-Kollege „eine sehr direkte und unprätentiöse Art“.

Hemetsberger einigte sich mit UniCredit auf die vorzeitige Auflösung seines Vertrags, machte das Hirn bei einer dreiwöchigen Wanderung von Wien nach Venedig frei und und kaufte vom umtriebigen Investor Michael Tojner die kleine Vorgängerfirma der Ithuba. Versammelte Investmentbanker und Ökonomen um sich, „die hoffentlich besser sind als ich, Topleute suchen sich ihre Chefs selbst aus“, eröffnete Büros in Düsseldorf und München und dirigiert heute eine Truppe von 37 Mitarbeitern. Die Kunden auch gegen Großbanken Paroli bieten können, weil sie zuvor auf der anderen Seite standen. Die Eigentümergesellschaft sitzt in Zypern.

Das Geschäft läuft gut. So beriet Ithuba die Volksbanken beim Verkauf der internationalen Tochter an die russische Sberbank, der Deal war 505 Millionen Euro schwer. Ex-VP-Finanzminister Josef Pröll holte sich Hemetsbergers Expertise, als die Spekulationsverluste der Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA) aufpoppten. Die Empfehlung der Expertengruppe, die neuen Anti-Spekulationsregeln der ÖBFA auf alle Gebietskörperschaften auszuweiten, interessierte die Politik noch nicht.

Der „rote Willi“ gilt als begnadeter Netzwerker. Seit Studienzeiten ist er mit dem ehemaligen SP-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer, heute erfolgreicher Ein-Mann-Unternehmer, befreundet. Auch Nachfolger Werner Faymann will auf Hemetsbergers Rat nicht verzichten. Zum engen Freundeskreis zählt der Wiener SP-Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny. Mit Ex-VP-Chef Erhard Busek und Ex-Rewe-Vorstand Werner Wutscher unterstützt der begeisterte Skitourengeher und Literaturfreund den engagierten Kärntner Verleger Alois Wieser. Die FAZ berichtete dieser Tage ganzseitig über das „Ithuba Social Skills College“, zwei Schul- und Ausbildungsprojekte für einige Hundert Kinder in Südafrika, die Hemetsberger großzügig unterstützt.

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