Gegenwelt

Ernst Molden

Ernst Molden

Was sich dann entwickelt, kann Stunden dauern und führt weit weg von jedweder Banalität und Depression.

von Ernst Molden

über Asterix-Zitate

Mit meinem Bruder und wenigen nahen Freunden wie dem R. kann ich mich manchmal in dialogische Gegenwelten aus Goscinny-Zitaten begeben.

Das geht so: Der jeweilige Gesprächspartner und ich verlassen ein banales, oft deprimierendes Gespräch, indem einer von uns beiden ein Asterix-Zitat hinwirft. Der andere zitiert dann entweder an der betreffenden Stelle weiter (natürlich auswendig und korrekt – die Pflicht). Oder er bringt (die Kür!) in freier Assoziation ein passendes Zitat aus einem anderen Band. Was sich dann entwickelt, kann Stunden dauern und führt weit weg von jedweder Banalität und Depression. Es rettet einen! Wenn mein Bruder nicht in Louisiana und der R. nicht in Canterbury wären, würde ich jetzt zu einem der beiden die „Trabantenstadt“ (Großer Asterix Band XVII) zitieren und mit den Worten des numidischen Sklaven Duplikatha sagen: „Vorarbeiter! An die Arbeit! Ich fühl’ mich etwas schlapp. Gebt mir ein paar Peitschenhiebe!“

Es ist tatsächlich so: Ich fühle mich etwas schlapp. Die großen Ferien – ich berichtete: die Südstaaten! – waren strapaziös, aber das ist halt der Preis, wenn man seinen Bruder besucht, um endlich wieder mit ihm Asterix zitieren zu können. Und der Herbst? Multitasking, daher erschöpfend und unbekömmlich. Ich nehme aber kleine Impulse, quasi Peitschenhiebchen im übertragenen Sinne, gerne an, etwa wenn ich den Zweitgeborenen auf die Spenadelwiese im Prater begleite, wo er jetzt zu seinem vollkommenen Glück bei den Praterkids Fußball trainiert. Da wuseln Dutzende, wenn nicht Hunderte Buben, von heiseren Trainern kommandiert, apferlrot über die Wiese, und als mein Blick ein wenig abschweift, fällt er auf Damen aus meiner Vergangenheit. Frau Doris tat einst mit mir bei derselben Tageszeitung (nicht dieser hier) Frohn.

Frau Stina stand das eine oder andere Mal mit mir in der „Bar“ in der Sonnenfelsgasse am selben Tresen. Jetzt sind sie Mamas, offensichtlich engagierte Mamas, sonst wären sie ja nicht hier auf der Spenadelwiese. Sie strahlen ähnliche Erschöpfung aus wie ich sie fühle.Das bringt diese Damen mir nahe. Aber nicht nahe genug, um zu sagen: Gebt mir ein paar Peitschenhiebe!

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