Momentaufnahme

Marco Weise

Marco Weise

Hoffentlich verkommt der Platz nicht zur Fassade.

von Marco Weise

über die Veränderungen am Yppenplatz

Donnerstagabend am Yppenplatz. Ein Frauenmagazin mit Schwerpunkt Wien lädt zum Umtrunk mit Jause. Das ist deshalb interessant, weil noch vor ein paar Jahren die Verantwortlichen nie auf die Idee gekommen wären, dieses After-Work-Zusammenkommen von Redakteuren, – ähm – Promis, Geschäftsführern und -partnern hier zu veranstalten. Denn damals ging es am Yppenplatz noch anders zu: Der Ton war rauer, die Leute auf den Sesseln vor den Lokalen grindiger, aber eben auch authentischer, weil aus der Gegend. Und nun stehen hier Anzugträger an der Seite von Damen im Sommerkleidchen und nippen an ihrem Blueberry Spritzer. Um den Event zu erden, wurde Voodoo Jürgens, der Geschichtenerzähler mit Strizzi-Charme, eingeladen, ein paar Songs zu spielen. Er steht auf einer Bühne vor dem Lokal und singt Lieder über die "Gitti" und "Tulln", seine Jugend zwischen "Glosscherbnviertl" und "Eierspeißbautn"– davor unterhalten sich geladene Gäste, dahinter sitzen die, für die sich keiner mehr interessiert, trinken Dosenbier und Wodka. Dieses spannende Nebeneinander ist eine Momentaufnahme eines sich rasant verändernden Grätzels. Hoffentlich verkommt der Platz nicht zur Fassade.

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