„Eugen“

Guido Tartarotti

Guido Tartarotti

Ich mochte den Begriff Eugen sehr.

von Guido Tartarotti

über Jugendsprache.

Ich absolvierte die Oberstufe an zwei Schulen, in denen man statt „Oida“ „Eugen“ sagte (und „S’Lavant“ statt „Es ist leiwand“ sowie „Na Sichel“ statt „Na sicher“). Diese merkwürdige Art zu sprechen galt als cool. Echte Profis konnten mit diesen Begriffen ganze Gedankengebäude umreißen: „ Zack Lavant?“ – „Eugen, Sichel!“ (Fandest du den gestrigen Besuch der Tanzlokalität Zick-Zack erfreulich, entsprachen Musikangebot, Getränkeversorgung sowie die Attraktivität der anwesenden Damen, deren Willigkeit, deine Vespa auf dem Parkplatz zu besichtigen, sowie die Qualität der anschließend im Gras absolvierten erotischen Handlungen deinem Geschmack? – Mein Lieber, ich kann nicht klagen, ich würde dir gerne alles bis ins letzte erfundene Detail schildern, aber ich bin im Augenblick zu sehr damit beschäftigt, aufrecht zu stehen, SO cool bin ich!)

Ich mochte den Begriff Eugen sehr, denn ursprünglich dachte ich, damit sei unser Musiklehrer gemeint. Unser Musiklehrer hieß mit Vornamen Eugen und war ein Original. Mit wallendem Haupthaar und Bart sah er ein wenig aus wie Gottfried von Einem. Wenn er in Wut geriet – und er geriet leicht in Wut – sträubte sich sein Bart, aus seinen Nüstern quoll Dampf, dazu stampfte er mit dem Fuß auf und rief „KRXL!!!!“ Ich verdanke ihm viel: Er steckte mich mit seiner glühenden Musikbegeisterung an und infizierte mich mit so wunderbaren Leiden wie Bach, Mozart, Dvorak, Mahler oder Miles Davis (mit den Stones und den Beatles war ich vorher schon infiziert). Außerdem lieferte Professor Eugen B. die herrlichste Klassenbucheintragung aller Zeiten: „M. antwortet auf Prüfungsfrage mit ,Des is ma wuascht’.“ M. wurde übrigens, obwohl er Mozarts Todesdatum nicht kennen wollte, später ein sehr erfolgreicher Handball-Trainer. S’Lavant, Eugen. Sichel!

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