Sorry, Papa

Darüber schreibst du aber keine Kolumne.
Guido Tartarotti

Guido Tartarotti

Worauf wir plötzlich am Abgrund stehen.

von Guido Tartarotti

über die Hunderunde mit dem Vater.

Darüber schreibst du keine Kolumne, sagt er, aber, sorry Papa, den Gefallen kann ich dir nicht tun. Wenn du mich schon an den Rand des Abgrunds führst, dann will ich das auch schreibend verwerten.

Mein Vater hatte sich zu einer „Hunderunde“ angekündigt. Das klingt harmlos, ist aber nicht unheikel, weil mein Vater besondere Ansprüche an eine Hunderunde stellt. Ich hatte mich daher bemüht, eine entsprechende Wanderroute zusammenzustellen: Ein bisschen bergauf, ein bisschen bergab, ein bisschen Wald, ein bisschen Feld. Es musste Bäche zum Baden für die Dogge geben, es musste Bäume geben, hinter denen mein Vater austreten konnte, der Weg musste einsam sein (sonst hätte er sich über die vielen Leute beschwert), aber nicht zu einsam, damit er Gelegenheit hatte, wildfremden Menschen Vorträge über Hundeerziehung, Flüchtlingspolitik, Bierpreise oder irgendwas zu halten.

Ich hatte einen in drei Stunden zu bewandernden Weg gewählt, den ich von Radtouren gut kannte. Was ich in die Rechnung nicht einbezogen hatte, war der unbezwingbare Wunsch meines Vaters, seine Fertigkeiten als Pfadfinder zu demonstrieren. „Da vorne gehen wir rechts, das schaut besser aus“, sagt er, und marschiert los. „Papa, nicht, da landen wir ...“ Genau: im Gestrüpp hinter einem verlassenen Lagerplatz. Eine halbe Stunde später kennt er „eine gute Abkürzung“, worauf wir dann die Dogge über einen Zaun, den Gleiskörper der Badner Bahn und die dicht befahrenen vier Spuren der B17 tragen müssen.

Beim dritten Abschneider durchs Gemüse hält er mir einen Vortrag, an welchen Zeichen man erkennen könne, dass Wege benutzbar seien, worauf wir plötzlich an einer zehn Meter tiefen Böschung stehen, unter der die Südbahn vorbeirast. Als er beginnt, die Böschung hinabzuklettern, um die Geleise zu überqueren, schreie ich ihn an, nehme die Dogge, und drehe um. Zum Glück folgt er mir.

Darüber schreibst du aber keine Kolumne, sagt er.

Guido Tartarottis neues Kabarettprogramm "Selbstbetrug für Fortgeschrittene" hat am 2. September im Niedermair in Wien Premiere. Zweite Vorstellung am 22. September im Theater am Alsergrund.

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