Zwischen Triumph und Tragödie

Am 12. 12.: Als ein Tormann zum Helden wurde.
Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Der Rapid-Bus musste sich den Weg zum Stadion durch ein kilometerlanges Spalier Tausender wütender Briten bahnen.

von Wolfgang Winheim

über den 12.12.1984

Beim Legenden-Turnier im Gedenken an Bruno Pezzey, der zu Silvester 1994 nur 39-jährig bei einem Eishockey-Hobbymatch verstorben ist, kickt derzeit auch Peter Pacult in der Flachauer Halle mit. Jener (Ex-)Rapidler, der heute vor 30 Jahren gegen Celtic Glasgow das heikelste Europacupspiel in der Geschichte der Grün-Weißen entschieden hat. Dazu muss man wissen:

Nach einem 3:1 in Wien war das Retourspiel in Glasgow beim Stande von 3:0 für Celtic abgebrochen worden, weil Rapid-Verteidiger Rudi Weinhofer nach einem (Whiskey-)Flaschen-Wurf zu Boden gegangen war. Es kam zur Neuaustragung auf (keineswegs) neutralem Boden in Manchester, die Schottland als himmelschreiende Ungerechtigkeit empfand, zumal das Gerücht die Runde machte, wonach Weinhofers Wunde erst per Rasierklinge dramatisiert worden sei.

Der Rapid-Bus musste sich den Weg zum Old-Trafford-Stadion durch ein kilometerlanges Spalier Tausender wütender Briten bahnen. Steine flogen, Glas splitterte. Rapid-Trainer Otto Baric, den die UEFA gesperrt hatte, wurde von Ordnern sofort nach Eintreffen beim Stadion abgeführt. Hans Krankl setzte sich, um die Schotten zu verwirren, trotz eines Jochbeinbruchs mit Rückennummer 15 auf die Ersatzbank. Alles sprach gegen Rapid, bis ... Pacult von der Mittelinie auf und davon sprintete und zum 1:0 traf. 58.000 tobten.

Als kurz später ein Mann aufs Feld stürmte und Rapid-Torhüter Herbert Feurer im Tor brutal zu Boden riss, schien der nächste Abbruch unvermeidbar. Einer, der zu einem Platzsturm geführt hätte. Denn die Abgrenzungen zwischen Feld und Tribünen waren kaum kniehoch. Und Videoüberwachung gab es am 12. 12. ’84 auch in Old Trafford noch nicht.

Doch Feurer tat, was 90 Prozent aller Profis in dieser Situation wohl nicht getan hätten: Er stand wieder auf. Und Rapids Interimscoach Wilhelm Kaipel versicherte dem italienischen Schiedsrichter Luigi Agnolin zu dessen Erleichterung, dass Rapid weiterspielen wolle. Damit wurde möglicherweise eine Katastrophe verhindert, wie sie sich sechs Monate später in Brüssel ereignen sollte.

An die Tragödie vom Heysel-Stadion wird in ganz Europa im Mai erinnert werden, wenn sich zum 30. Mal der Tag jährt, an dem 39 Menschen beim Finale LiverpoolJuventus starben.

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