Winterschlaf in Wien

Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Minus sechs Grad. Trotz idealer Temperatur für Kunstschneeproduktion sind die Kanonen eingemottet und die Gestänge der Sommerrodelbahn auf Wiens Gemeinde-Skiwiese nicht einmal noch abgebaut. "Betrieb geschlossen" steht auf einem Schild gleich neben einem großen "I love snow" im 14. Bezirk an der Mauerbachstraße. Am 6. Jänner 1986, vor genau 30 Jahren, war das noch anders.

Da schied am Dreikönigstag Schwedens Ski-Kaiser Ingemar Stenmark (86 Weltcupsiege) auf der Hohen-Wand-Wiese schon in der ersten Runde aus.

Da triumphierte Leonhard Stock über Marc Girardelli.

Winterschlaf in Wien
Da gewann der ItalienerIvano Edalini(der danach nie mehr siegen konnte) gegen den späteren deutschen OlympiasiegerMarkus Wasmeierdas Wiener Parallel-Finale.

Da murrten die Läufer, weil ihnen auf Befehl der FIS mit Hinweis auf den heuchlerischen Amateurparagrafen die versprochenen Startgelder nicht ausbezahlt wurden.

Der ursprüngliche Siegespreis, ein Auto, wurde unter den 8000 Besuchern verlost. Ungeachtet dieser Ungereimtheiten lautete der mediale Tenor: Der Städte-Skilauf habe Zukunft. Die Gegenwart sieht anders aus.

Die Torläufe von Zagreb, wo Jahr für Jahr die Besten mit höhere Prämien belohnt wurden als bei allen Schweizer Rennen, finden in Santa Caterina statt. Bloß Stockholm scheint im Kalender auf. München und Moskau (wo Marcel Hirscher 2013 gewann) gaben w.o. Und um den Schönbrunn-Plan von Peter Schröcksnadel, der von einer Weltcup-Show vor der Gloriette träumte, ist’s auch still geworden. Inzwischen hat der ÖSV-Präsident einen Lokalaugenschein in Grinzing vorgenommen. Nicht beim Heurigen, sondern am Fuße des Kahlenbergs, zumal dort, ein kleiner Lift und ein paar Schneekanonen vorausgesetzt, Schnupper-Skilauf mit mehr Nachhaltigkeit möglich wäre .

Der Skisport und seine Industrie, deren Produktion gegenüber dem letzten Jahrtausend von weltweit 9 auf 3,5 Millionen Paar Skier gesunken ist, benötigen dringend Werbung und Nachwuchs in Ballungsräumen. Umweltschützern, denen schon Kunstschnee und Schlepplift auf der Hohen-Wand-Wiese suspekt waren, wird das wurscht sein. Sie werden Skilauf in der Grinzinger Weingegend erst recht für eine Schnapsidee halten.

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