Letzte Chance Fernost

Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Die ganze Branche benötigt dringend neue Märkte.

von Wolfgang Winheim

über Preisgeld im Ski-Weltcup

Das wäre im letzten Jahrtausend bei Hermann Maiers Weltcup-Einstieg noch undenkbar und zu Franz Klammers Rennzeiten gar gleichbedeutend mit einer sofortigen Sperre gewesen: Unmittelbar nach der ersten Abfahrt auf südkoreanischem Schnee schien auf der FIS-Homepage bereits die aktualisierte Gagen-Rangliste der 50. Weltcup-Saison auf.

Der verletzte Norweger Aksel Lund Svindal (Kreuzbandriss in Kitzbühel) führt immer noch mit 429.219 Euro vor Marcel Hirscher (368.578), Henrik Kristoffersen (Norwegen) 353.442.99, Kjetil Jansrud (Norwegen) 218.775 und Kitzbühel-Sieger Peter Fill (Italien) 136.583.

Durchaus möglich, dass Lindsey Vonn zu Saisonschluss im Gagen-Ranking all die genannten Herren übertrifft. Ihr gestriger 76. Weltcupsieg war hinsichtlich Mut einer der imponierendsten überhaupt. Doch um in US-Medien gewürdigt zu werden, hätte Lindsey in Anbetracht der Super Bowl-Hysterie wohl ein Liebescomeback mit Tiger Woods verkünden oder die Garmischer Abfahrt im Bikini gewinnen müssen.

Um Irrtümern vorzubeugen:

Bei den von der FIS aufgelisteten Brutto-Summen handelt es sich um Veranstalter-Preisgelder. Die Prämien diverser Ausrüster und Sponsoren sind darin nicht inkludiert. Auch erhalten ehemalige oder amtierende Weltmeister Jahresfixgehälter im 200.000-er Bereich. Andernfalls käme die Weltcup-Präsenz in manchen Fällen nur noch Masochismus gleich. So hat Reinfried Herbst im Spätherbst seiner Slalom-Karriere bisher ganze 1470 Euro Veranstalter-Prämie kassiert. Und Ivica Kostelic scheint nach 14 Knieoperationen mit 750 Euro gar nur an 140. Stelle auf.

So manche der vor und hinter dem kroatischen Routinier platzierten Talente riskieren Kopf und Kragen nur noch für Kost und Quartier. Weshalb Trainervater Ferdinand Hirsscher von einem untragbaren Zustand spricht, obwohl von dem sein überragender Sohn überhaupt nicht betroffen ist. Hirscher Senior wünscht, dass das Kitzbüheler Beispiel Schule macht, indem künftig jeder Veranstalter Prämien nicht nur an die Top ten sondern zumindest an die ersten 30 zahlt.

Konträr zu früheren Zeiten fällt Skierzeugern auf Grund finanzieller Zwänge die Nachwuchsförderung immer schwerer. Die Firma Blizzard, die 1984 allein als Reaktion auf Klammers letztem Weltcupsieg in Kitzbühel über Nacht 11.000 Paar Skier verkaufen hatte können, zog sich in Österreich aus dem Rennsport schon zurück.

Die ganze Branche benötigt dringend neue Märkte. Und daher überrascht es nicht, dass FIS-Präsident Gianfranco Kasper die Einführung einer asiatischen Abfahrts-Weltcupserie ankündigt. Noch aber feht Koranern und Chinesen wie im Fußball das wichtigste: Ein international konkurrenzfähiger Lokalmatador. So einer lasst sich im Gegensatz zu Olympischen Spielen auch mit viel Geld nicht kaufen.

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