Kitzbüheler von Welt

Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Die aussichtsreichsten alpinen Skistars kommen nicht aus den Promi-Skiorten.

von Wolfgang Winheim

über Kitzbühels Sporttalente

52.725 Euro brutto Veranstalter-Prämie für den Sieger im Super G. 45.255 für Platz 1 in der Kombination. 70.300 Euro am Samstag für den schnellsten Abfahrer. Doch ein Kitzbüheler kann nicht einmal die 950 Euro Preisgeld für Platz 30 kassieren. Weil kein einziger der 8300 Einwohner aus der Gamsstadt, die als das Maß aller Ski-Dinge gilt, am Start steht. Das war einst völlig undenkbar gewesen.

Wer nicht aus Kitzbühel oder vom Arlberg stammte wie Toni Sailer oder später Karl Schranz, war vom Tirol-dominierten Skiverband kaum ernst genommen, zuweilen auch benachteiligt worden. Während im Fußball wiederum Wiener Nachkriegsgranden à la Ernst Happel und Alfred Körner (Rapids Urgestein wird im Februar 90 Jahre alt) den Provinzlern nachsagten, sie könnten bestenfalls einen Hydranten überspielen.

Und heute?

Das österreichischen Fußball-Nationalteam besteht mehrheitlich aus Nicht-Wienern. Und die aussichtsreichsten alpinen Skistars kommen nicht aus den Promi-Skiorten, sondern – wie Marcel Hirscher – aus kleinen Gemeinden. Oder gar aus Gegenden, die nicht einmal über einen Skilift verfügen.

Kitzbüheler von Welt
Im tief verschneiten Wildpark Aurach nimmt sich Hansi Hinterseer eine Auszeit von den Vorbereitungen zum Jubiläumsjahr 2014. Vor dem beliebten Tiroler Sänger liegt ein ereignisreiches neues Jahr: 20 Jahre Hansi Hinterseer! © Kerstin Joensson

Trainer führen die mangelnde Präsenz der Nobelorte in alpinen Kaderlisten darauf zurück, dass sich Hotelierskinder die für eine Rennkarriere erforderliche Plagerei nicht mehr antun. Oder die Gefahr scheuen. Oder deren Eltern im Tourismus zu sehr engagiert sind, um in der Hochsaison ihre Sprösslinge auf die Piste zu begleiten.

Dabei demonstriert der Kitzbüheler Skiclub alle Hahnenkamm-Winter wieder Jugendliebe, indem er – konträr zu ausländischen Weltcupveranstaltern – ein aufwendiges Junior Race organisiert. Trotzdem haben sich Kitzbühels größte Sporttalente seit zig Jahren anders orientiert. Durchaus erfolgreich.

Der Kitzbüheler Thomas Ueberall, dank dessen Marketingkünsten heute 130 Motorsportler weltweit für Red Bull Gas geben, war als Freestyle- Europameister ein Artist auf Skiern.

Der Kitzbüheler Klaus Sulzenbacher – heute Leiter eines Physiotherapie-Zentrums in Rum – hat Österreich 1988 und 1992 die ersten Olympia-Medaillen in der nordischen Kombination beschert.

Der Kitzbüheler David Kreiner gehörte 2010 bei Olympia in Vancouver dem österreichischen Gold-Quartett in der Nordischen Kombination an.

Aktuell ist Fußballprofi Lukas Hinterseer, dem Ingolstadt-Trainer Ralf Hasenhüttl "außerirdische Sprintwerte" in der deutschen Bundesliga attestiert, Kitzbühels sportliches Aushängeschild. Sein singender Onkel Hansi aber wird noch länger behaupten können, der letzte Kitzbühler Weltcupsieger auf Kitzbüheler Schnee gewesen zu sein.

HH hatte 1975 mit Zwei-Meter-Latten den Hahnenkamm-Slalom gewonnen. Als ein Kassieren von Preisgeld noch den Olympia-Ausschluss bedeutet hätte.

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