Für Lichtgestalten sieht’s finster aus

Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Enthüllungsjournalisten haben in der Frankfurter Zentrale des Fußballbundes den Strafraum ausgemacht.

von Wolfgang Winheim

über ein verdorbenes Sommermärchen

Neidvoll wird hierzulande Richtung Fußball-Deutschland geschielt. Aktuell aber dürfte beim ÖFB die Betroffenheit größer als die Schadenfreude sein.

Ausgerechnet Franz Beckenbauer, der dem österreichischen Fußballbund zuliebe den Schirmherr für ÖFB-Jugendprojekte gespielt hat, droht wegen seiner früheren Rolle als WM-OK-Chef das Image als beliebtester Deutscher zu verlieren.

Ausgerechnet DFB-Präsident Wolfgang Niersbach, mit dem ÖFB-Generaldirektor Alfred Ludwig besonders gut kann und der noch vor wenigen Tagen als moralische Instanz und Nachfolger-Kandidat von FIFA-Präsident Sepp Blatter galt, wird vom Spiegel im (von Niersbach-Vorgänger Theo Zwanziger befeuerten) Krieg der Eitelkeiten eine folgenschwere Niederlage plus Amtsverlust prophezeit.

Ausgerechnet die Lichtgestalten des deutschen Fußballs, zu denen auch Günter Netzer zählt, verkommen wegen schwarzer Kassen zu schwarzen Schafen. Und man ist geneigt zu sagen:

Typisch deutsch! Denn mit ähnlicher Konsequenz, die unsere Nachbarn beim Erzwingen großer sportlicher Siege auszeichnet, wird derzeit das Sommermärchen 2006 zum Herbst-Krimi 2015 umgeschrieben.

Enthüllungsjournalisten haben in der Frankfurter Zentrale des Fußballbundes den Strafraum ausgemacht. Deutschland soll sich die WM 2006 bei deren Vergabe im Jahr 2000 erkauft haben. Von der FIFA im Stile von Schutzgelderpressung dazu angehalten.

Realistisch

Nachdem deutsche Zeitungen diesem Verdacht sogar mehr Raum als den Flüchtlingstragödien widmen, meldet sich Deutschlands ehemaliger Weltmeister-Tormann Sepp Maier, zu Wort: "Ob Afrikaner oder Asiaten die 6,7 Millionen Euro bekommen haben, ist doch wurscht. Und ob Putin oder der Scheich von Katar – bestechen tut ohnehin jeder."

Besagte 6,7 Millionen Euro könnten laut Ex-Präsident Zwanziger allein vier exotische Wahlberechtigte kassiert haben. Zum Vergleich: Die gesamten Bewerbungskosten von Österreich und der Schweiz vor deren gemeinsamer EM 2008 hatten kaum fünf Millionen betragen. Das war noch in der Präsidenten-Ära von Friedrich Stickler, der heute froh ist, nicht in den Finanzausschuss der UEFA gekommen zu sein. Zumal auch Europas Fußball-Kommission wegen ihres suspendierten Präsidenten Michel Platini inzwischen ein Negativ-Image hat.

Blauäugig

Beim IOC geht’s nicht seriöser zu. Nur die Salzburger hatten naiv geglaubt, sie würden allein wegen Mozart den Zuschlag für Winterspiele bekommen. Der Lobbyist (und Beckenbauer-Freund) Fedor Radmann, der letztlich die WM 2006 im Hintergrund an (Deutsch-)Land gezogen hatte, stieg jedenfalls sehr rasch (offiziell aus gesundheitlichem Grund) aus Salzburgs Olympia-Projekt aus. Prompt scheiterte Salzburg.

Von Skistars à la Felix Neureuther und Marcel Hirscher erlebt keiner mehr Olympia in den Alpen. Vielmehr wird – gleichgültig, ob im Winter oder Sommer – nur noch dort um Medaillen gekämpft, wo das Volk von dubiosen Geldflüssen nie erfährt. Und wo unbequeme Journalisten – natürlich zufällig – von einem Auto umgefahren werden, ehe ein garstiger Bericht erscheint.

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