Feindbilder im Advent

Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Im Rapid-VIP-Klub darf kein Red Bull ausgeschenkt werden.

von Wolfgang Winheim

über Feindbilder in Hütteldorf

1640 Fans haben Tickets ergattert. Die morgige Rapid-Weihnachtsfeier, bei der Spieler alle Jahre wieder am Mikrofon Bühnentalent beweisen, ist seit Wochen ausgebucht. Unabhängig von der sportlichen Lage. Die will der Tabellenfünfte heute verschönern. Was schwer genug werden wird, heißt doch der Gegner Red Bull.

Die Salzburger haben in der Europa League mit einem Torrekord beeindruckt. Dabei schickte Trainer Adi Hütter zuletzt eine B-Elf aufs Feld. Trotzdem war deren Leistung 1 A. Allein diese Feststellung genügt, um sich in Shitstorm-Zeiten böse Mails einzuhandeln.

Im Rapid-VIP-Klub darf kein Red Bull ausgeschenkt werden. Vor allem Ex-Finanzminister Rudolf Edlinger ätzte während seiner 12-jährigen Ära als Rapid-Präsident gern über den Energydrink, obwohl dessen Boss Dietrich Mateschitz längst einer der größten "Mäzene" des Finanzamts ist. Um sich im Fußball beliebt zu machen, haben die Salzburger mit ihrem Dosen-Geld aber zu oft in fremden Revieren gewildert.

RB gilt als größtes Feindbild in Hütteldorf. Weshalb Liga-Vorstand Christian Ebenbauer, 39, davon ausgehen kann, dass die rüden Sprechchöre der Rapid-Hardcore-Abteilung heute in Salzburg weniger ihm gelten. Bei den letzten beiden Rapid-Spielen wurde sogar die Mutter des Sohnes des (verstorbenen) Rektors der Universität Wien übelst beleidigt. Warum?

Weil der Senat 1 der Liga nach dem Skandal-Derby, bei dem Böller aus dem Austria-Sektor in den Rapid-Familiensektor geworfen wurden, auch den SK Rapid (dessen Fans hatten davor in Altach eine Rakete gezündet) nicht ungeschoren davonkommen ließ und eine Sperre des jeweiligen Gästesektors in den Derbys aussprach. Eine Entscheidung, die international in solchen Fällen üblich ist. Egal. Für Rapid-Anarchisten ist der Ebenbauer schuld. Gegen den Bundesliga-Geschäftsführer wurden sogar Flugzettel (für die sich der Klub nicht entschuldigte) verfasst.

Vermutlich weiß die aggressive grüne Minderheit gar nicht, dass gerade Ebenbauer für Bengalen, soweit sie vorschriftsmäßig gezündet werden, Verständnis zeigt. Und dass gerade Ebenbauer zehn Jahre im Rapid-Nachwuchs (als begabter Stürmer) gespielt hatte, ehe er ein Jusstudium einer Fußball-Karriere vorzog.

Der Hinweis auf die Rapid-Vergangenheit wird Ebenbauer auf Austrias Osttribüne nicht beliebter machen. Nur: Für irgendeinen Verein hat noch jeder spätere Funktionär, Sponsor oder Sport-Reporter, sofern er unfallfrei einen Ball traf, in seiner Jugend einmal gekickt. Ausgenommen Mateschitz.

Der Red-Bull-Boss hatte bis zu seinem Einstieg 2005 in Salzburg mit Fußball überhaupt nichts am Hut.

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