FC Populismus vs. FC AMS

Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Auch im österreichischen Fußball wird die Kluft arm-reich immer breiter.

von Wolfgang Winheim

über das AMS-Trainingscamp

Ein skeptischer Blick auf die iberische Halbinsel, wo Real und Barcelona trotz Rekordschulden ungeniert Rekordtransfers tätigen während die nationale Konkurrenz unter Sparzwängen ächzt, ist gar nicht erst notwendig. Auch hierzulande kommen einem die Verhältnisse spanisch vor. Auch im österreichischen Fußball wird die Kluft arm-reich immer breiter. So spielten in der zweiten Liga-Runde gestern Wiener Neustädter 1500-Euro-Brutto-Profis gegen Red-Bull-Stars, die monatlich das 30-fache netto erkicken.

Doch hier soll weder der Neid gegenüber Salzburg geschürt, noch über Armenhäusler gespottet werden. Die extremen Gagen-Unterschiede ergeben sich vielmehr daraus, dass in Salzburg dank dem Geld aus der Dose international übliche Summen gezahlt werden, während der (von der regionalen Politik im Stich gelassene) Neustädter Sportclub nach dem Ausstieg von Frank Stronach nur überleben kann, weil es mehr talentierte Absolventen von Nachwuchszentren als Jobs im bezahlten Fußball gibt.

Im Parlament

140 Profis sind aktuell ohne Verein.15 Autominuten von Wiener Neustadt entfernt haben deshalb Spielergewerkschaft und AMS erstmals ein (wie in Deutschland bereits üblich) mehrwöchiges Trainingscamp für Joblose in Steinbrunn organisiert. Und mit Paul Gludovatz und Ex-Rapidler Peter Schöttel zwei anerkannte Betreuer engagiert.

FPÖ-Nationalrätin Damar Belakowitsch Jennewein ist dieses Camp ein Dorn im blauen Auge. Sie zweifelt in einer parlamentarischen Anfrage die Sinnhaftigkeit an, rät, dass die "hochbezahlten Spieler" zurück in ihre angestammten Berufe wechseln und fordert Aufklärung, ob solche AMS-Aktionen nicht auch für arbeitslose Skifahrer, Tennisspieler oder Schwimmer geplant seien.

Applaus von Wirthausdiskutierern ist ihr sicher. Schließlich haben die genug eigene Sorgen und werden vermutlich genau so wenig wie die 8000-Euro- Nationalrätin wissen,

dass die meisten Spitzensportler keinen Beruf erlernen durften, weil der Sport nicht einmal ein Halbtagsbeschäftigung zuließ;

dass ehemalige Topsportler unter Leitung von Ex-Slalom-Weltcupsiegerin Roswitha Stadlober-Steiner die Initiative KADA (Karriere danach) gründeten, weil immer mehr ihrer Kollegen nach dem Sportende in ein tiefes Loch fallen ;

dass Kicker, die vor ihrem Jobverlust zuletzt in der zweiten Bundesliga für nur noch 1200 bis 1600 brutto ihren Wadeln hinhielten, wie jeder andere Arbeitnehmer Sozialversicherung zahlten;

und dass sich Paul Gludovatz als AMS-Coach mit einer Aufwandsentschädigung von 8 Euro pro Stunde begnügt.

Dabei ist Gludovatz nicht Irgendeiner, sondern jener Mann, unter dessen Leitung ÖFB-Nachwuchsauswahlen bei einer EM oder WM vier Mal unter die Top vier kamen.

Im Halbfinale

Aktuell würdigt der Altmeister vor dem EM-Semifinale der U 19 (Montag gegen Deutschland) via Austria-Presseagentur die Jungen. Mit Worten, die nicht zuletzt Leistungsträgern mit Migrationshintergrund wie Sinan Bytyqui und Ivan Lucic gelten und der FPÖ-Abgeordneten ähnlich missfallen werden wie das AMS–Camp. "Die haben halt noch mehr Biss als so manche gesättigte österreichische Burschen."

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