Defensives Opfer Ivanschitz

Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Wegen des Fernsehens kommt es zum High Noon.

von Wolfgang Winheim

über die Primera División

Andreas Ivanschitz, 31, führt der tägliche Weg zum Training an Spaniens teuerster Arena vorbei. Das 90.000er-Stadion von Valencia ist seit fünf Jahren fast fertig. Aber eben nur fast. Selbst wenn das imposante Mahnmal der spanischen Immobilienkrise irgendwann doch benutzbar ist, wird Ivanschitz dort bei Valencias Stadtderby nicht mehr einlaufen.

Die Tage des einzigen österreichischen Spanien-Legionärs in Spanien sind gezählt. Obwohl sich der dreifache Vater mit seiner Familie wohlfühlt an der Costa Blanca. Und obwohl er sich bei seinem letzten Auftritt am 4. 4. bei Levantes 4:2 gegen Almeria mit zwei Assists gute Kritiken eingehandelt hat.

Seither wurde er von Trainer Lucas Alcaraz, zumal der – mit drei Sechsern im Mittelfeld – die defensivste Taktik der Liga bevorzugt, nicht mehr aufgestellt. Vor dem Sonntag-Spiel gegen Titelverteidiger Atlético Madrid (mit Bayerns französischem Wunschstürmer Antoine Griezmann) rutschte Ivanschitz erstmals wieder in den erweiterten Kader.

Ivanschitz wird heute im alten städtischen 25.000er-Stadion unter Plexiglas auf der Reservistenbank Platz nehmen. Ein Sonnenbrand bleibt ihm zumindest erspart. Denn die Partie gegen Atlético wird in Valencia bei gefühlten 45 Grad um 12 Uhr mittags angepfiffen.

Wegen des Fernsehens kommt es zum High Noon, womit zwar nicht auf die Spieler, aber auf asiatische TV-Kundschaft Rücksicht genommen wird, der (bedingt durch die Zeitdifferenz) ein Mal wöchentlich die Primera zur Prime Time geboten zu werden hat.

Wegen des Fernsehens wird in der Primera División ständig von Freitag bis Montag und zuweilen bis Mitternacht gespielt.

Aber wegen des Fernseh-Geldes kann’s passieren, dass die letzten Runden überhaupt nicht mehr ausgetragen werden. Das verkündet zumindest der spanische Verband.

Die oberste Fußball-Instanz im Europameisterland fühlt sich beim Aufschneiden des TV-Kuchens von der Liga und deren Großklubs mit 22 Millionen Euro (= 4,55 %) elendig abgespeist und will mit der Streik-Drohung (keine Schiedsrichter) eine Vertragsänderung erzwingen. Tatsächlich kam schon der bisherige Verteiler-Schlüssel selbst Spaniern Spanisch vor:

135,250 Millionen Euro jährlich für Real, 123,770 für Barcelona, 48 für CF Valencia, 44 für Atlético Madrid, 32,2 für CF Sevilla. Aber nur jeweils 19,5 Millionen für Abstiegskandidaten à la Levante. Wobei die Bezeichnung "nur" beim Vergleich mit Österreich relativ ist, erhält doch allein der Noch-Klub von Ivanschitz so viel wie hierzulande die ganze Liga.

Existenzsorgen braucht sich Ivanschitz übrigens keine zu machen. Zumal es sich bis Athen, Saloniki und in Deutschland bis zum Traditionsklub Kaiserslautern herumgesprochen hat, dass der 69-fache Nationalspieler topfit und ablösefrei zu haben ist. Dass er seine Karriere einmal daheim in Baumgarten ausklingen lässt, ist auszuschließen: Sein burgenländischer Stammklub hat den Spielbetrieb eingestellt.

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