Strafe für die Richter

Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Internationale Sportverbände sind unfehlbar, auch wenn ihre Häuptlinge noch so viel Butter auf dem Kopf haben

von Wolfgang Winheim

über die FIFA und das IOC

Wird seine Anwesenheit in der Grazer UPC-Arena bei einem Sturm-Spiel vom Stadionsprecher angekündigt, erheben sich die Zuschauer respektvoll von den Sitzen. Vom geplanten Wien-Besuch des Bosnien-Länderspiels aber muss Ivica Osim, 73, aus gesundheitlichen Gründen absehen.

Ivica Osim war, ehe er Sturm Graz in seiner legendären achtjährigen steirischen Ära bis in die Champions League führte, der letzte Teamchef von Jugoslawien gewesen. Der Fußball-Professor aus Sarajewo litt damals unter den drohenden Vorboten des Bürgerkrieges. Er half später so manchen Opfern. Hatte für die Grausamkeiten unter Nachbarn nie Verständnis.

Inzwischen ist das ehemalige Jugoslawien mit fünf Nationalteams vertreten. Es spricht für die Ressourcen, dass sich trotz maroder Ligen zumindest eine Auswahl stets für eine WM oder EM qualifiziert.

Aktuell ist Kroatien als Nummer 19 in der Weltrangliste am besten platziert. Es folgen Bosnien auf Rang 30, Serbien 40, Slowenien 48, Montenegro 67, Mazedonien 108.

Keine Region außer Brasilien exportiert dermaßen viele Spieler. So sehr Legionäre aus dem Balkan-Raum wie der Bosnier Edwin Dzeko (Manchester City) oder die Kroaten Mario Mandzukic (Atletico Madrid), Luka Modric (Real), Ivan Rakitic (Barcelona) für ihre Heimat mit Toren und Ballkunst internationale Reklame machen, so konsequent beschädigen nationalistische Fans den Ruf. Der Eklat bei MontenegroRussland in Podgorica, wo Russlands Tormann Igor Akinfejew schon 20 Sekunden nach Anpfiff per Leuchtrakete k.o. geschossen wurde, war nur ein weiterer trauriger Höhepunkt. Trotzdem wurde noch 66 Minuten bis zu einem neuerlichen Tumult weitergespielt.

Wird das kleine Montenegro, dessen Fußball-Präsident der Ex-Rapidler Dejan Savicevic ist, seine Qualifikationsheimspiele (darunter jenes gegen Österreich) auf neutralem Ort oder unter Ausschluss der Öffentlichkeit austragen müssen? Diese Frage ist ebenso ungeklärt wie jene bezüglich des viel zu spät erfolgten Abbruchs.

Wenn es stimmt, dass der deutsche Schiedsrichter Deniz Aytekin auf UEFA-Weisung zunächst zu einer Fortsetzung des Spiels gezwungen wurde, dann müsste sich die Europäische Fußball-Union auch selbst bestrafen. Das aber wird nicht passieren. Internationale Sportverbände sind unfehlbar, auch wenn ihre Häuptlinge noch so viel Butter auf dem Kopf haben. Siehe FIFA, siehe IOC.

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