Schussfahrt in die Vergangenheit

Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Außenstehende müssten meinen, der Sport in Österreich drehe sich nur um das drittkleinste Bundesland

von Wolfgang Winheim

über Salzburg

Ob die spektakuläre Weltcuppiste in Saalbach-Hinterglemm oder der von der Bundesliga gesperrte Acker des Grödiger "Stadions", ob die Salzburger Anna Fenninger, Hannes Reichelt, Marcel Hirscher oder die in Spanien nie wirklich auf die Hörner genommenen Salzburger Bullen-Kicker – Außenstehende müssten meinen, der Sport in Österreich drehe sich nur um das drittkleinste Bundesland.

Heute wird Petra Kronberger in Saalbach als Ehrengast gewürdigt. Der Zufall will es, dass dort das Weltcup-Comeback mit dem 46. Geburtstag der Ausnahmesportlerin zusammenfällt. Auch Petra Kronberger ist Salzburgerin.

Sie war nicht nur als Doppel-Olympiasiegerin und Weltmeisterin mitten während der Saison ’92/’93 zurückgetreten, sondern damit auch aus ihren ersten hoch dotierten Verträgen ausgestiegen. Sie hat zugunsten ihres Privatlebens auf Millionen verzichtet. Sie hat danach abseits des Sports schwere Enttäuschungen erlitten. Aber sie hat ungeachtet dessen Schule plus Matura nachgeholt und das Studium der Kunstgeschichte abgeschlossen.

Frau Magister Kronberger fungierte für eine Mini-Gage als Kunstführerin in der Festspielstadt. Heute ist Petra, die von so manchem (Nicht-Sport-)Journalisten für ein naives Bauerndirndl gehalten wurde, Lehrbeauftragte an Privat-Unis.

In Saalbach, wo an diesem Wochenende mit attraktiven Speedrennen und grenzwertigen Mutproben zu rechnen ist, war Kronberger 1991 Abfahrtsweltmeisterin geworden. Mit 96 km/h erreichte sie sogar ein höheres Durchschnittstempo als der schnellste Herr des Abfahrtstrainings.

Im Super-G verletzte sich Kronberger, als sie durchs Ziel stürzte. Dafür durfte Ski-Österreich über die Salzburgerin Ulli Maier jubeln, die – als einzige Mutti im Rennlauf – Weltmeisterin wurde. Drei Jahre später verunglückte Maier in Garmisch-Partenkirchen tödlich.

Der Oberösterreicher Rudi Nierlich, der drei Monate nach der WM 1991 Opfer seiner Auto-Leidenschaft werden sollte, und der Tiroler Stephan Eberharter, der nach seinen Triumphen in Kombination und Super-G sieben harte, von Verletzungen und Rückschlägen geprägte Jahre bis zu einem glanzvollen Comeback durchmachen musste, hatten bei den Herren Gold erobert.

So wie soeben bei der WM 2015 waren in Saal-bach ’91 lediglich die österreichischen Abfahrer unter ihrem Wert geschlagen worden. Und so wie kürzlich in Beaver Creek waren es auch in Saalbach mehrheitlich von Prachtwetter dominierte Festspiele des ÖSV gewesen.

Nur mit dem Unterschied, dass es damals die Ski-Fahrer trotz Kronberger, Eberharter, Nierlich im KURIER nie in die oberste Schlagzeile auf Seite 1 schafften. Die Aufmacher waren für den Golfkrieg reserviert. Inzwischen wird der Alltag von dermaßen vielen Konflikten und Krisen bestimmt dass zuweilen schon unbedeutendere Sportereignisse zu Aufregern hochstilisiert werden.

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