Missbrauchter Fußball

Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Denn wie in der Wirtschaft gilt für den Fußball: Wo der Rubel rollt, hört sich die Moral auf

von Wolfgang Winheim

über Sport und Politik

Sport hat politikfrei zu bleiben. Immer seltener ist es möglich, dieses ungeschriebene Gesetz der Sportjournalistik einzuhalten. Siehe Sotschi, siehe WM in Brasilien. Selbst bei Freundschaftsspielen geht es zurzeit gar nicht freundschaftlich zu.

In Bischofshofen erzwangen pro-palästinensische Zuschauer den Abbruch der Trainingspartie LilleMaccabi Haifa. Der KURIER berichtete (Nach Platzsturm: Türken fordern "schärfste Strafe"). Sie attackierten israelische Fußballer. Diese Nachricht erregt mehr internationales Aufsehen als das ehrenwerte 1:1 von Wolfsberg gegen Chelsea. Oder Rapids 3:1 gegen Galatasaray in einem Test, der ebenfalls von (türkischen) Fans gestört wurde.

Das Spiel fand im Happel-Stadion statt, wo sich Randalierer bedingt durch den großen Abstand zwischen Tribünen und Spielfeld leichter neutralisieren lassen als im engen, abbruchreifen Hanappi-Stadion. Und wo die Ordnungshüter auch in nächster Zeit Heimvorteil haben, weil dort neben den Liga-Spielen von Untermieter Rapid heuer noch drei EM-Qualifikationsspiele stattfinden: Am 8. September gegen Schweden, am 12. 10. gegen Montenegro und am 15. 11. gegen Russland, dessen oberster Fußballfan es Sportberichterstattern besonders schwer macht, die Politik zu ignorieren. Zumal Wladimir Wladimirowitsch Putin schon im Herbst 2010 die WM für 2018 an (Russ-)Land ziehen und Konkurrent England (trotz Wahlwerbern wie David Beckham und Prinz William) austricksen ließ.

In Anbetracht des Ukraine-Konflikts fordern immer mehr EU-Politiker, die FIFA müsse Russland die WM wegnehmen. Einerseits fänden sich mit Deutschland, England, Spanien genug würdige Ersatzveranstalter. Andrerseits sponsert Gazprom nicht nur die Champions League. Es gibt auch sonst zu viele Interessen, die mit einem WM-Verbot für Moskau kollidieren. Denn wie in der Wirtschaft gilt für den Fußball: Wo der Rubel rollt, hört sich die Moral auf.

PS: Österreich war an der WM-Vergabe zugunsten Putins schuldlos. Der ÖFB ist in der FIFA zu unbedeutend, keiner seiner Funktionäre gehörte dem 27-köpfigen Wahlkomitee an.

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