Grotesken im ungleichen Städtekampf

Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Die selbst ernannte Sportstadt führt indes, was Besucherzahlen und Sündenregister betrifft.

von Wolfgang Winheim

über Wien vs. Salzburg

Der Zufall plus Fußball-Pannen bei der Terminplanung wollen es, dass der Städtekampf WienSalzburg heute an zwei Fronten zur selben Zeit erfolgt.

Auf Wiener Rasen wird um 18 Uhr, übertragen von ORFeins und Sky, der Schlager Rapid – Salzburg angepfiffen. Auf Salzburger Eis prallen, gezeigt von Servus TV, die Hockeycracks von Red Bull Salzburg und den Vienna Capitals im dritten Spiel ihrer Finalserie aufeinander.

Die kickenden Bullen liegen sechs Punkte vor Rapid. Die schlittschuhlaufenden Salzburger haben die ersten beiden Spiele gegen die (nicht ganz so kapitalkräftigen) Capitals gewonnen. Die Dosen-Profis könnten somit heute schon Vorentscheidungen erzwingen. Oder wie man im Land des deutschen RB-Sportdirektors Ralf Rangnick sagen würde, "den Sack zumachen." Selbst wenn das nicht gelingt, ist das drittkleinste Bundesland im Sport die Nummer 1. So wurde Hannes Reichelt, der im letzten Jahr 48 Stunden vor einer Bandscheiben-OP die Kitzbühel Abfahrt gewonnen und zehn Monate danach ein sensationelles Comeback gefeiert hatte, am Donnerstag bei der Salzburger Sportlerwahl des Jahres nur Vierter. Der Super G-Weltmeister kann der Promi-Jury (Annemarie Moser, Judith Wiesner, Otto Konrad, Segel-Olympionike Hans Peter Steinacher)nicht einmal böse sein, zumal vor ihm mit Marcel Hirscher, Skispringer Stefan Kraft und dem Nordischen-Kombi-Weltmeister Bernhard Gruber ausnahmslos Ausnahmekönner landeten.

Bei der Trainerwahl gewann Bullen-Dompteur Adi Hütter den Goldenen Löwen.

Aus Wiener Sicht ließe sich polemisch einwenden, dass Salzburgs Trainer des Jahres, Vorarlberger ist. Sportler sehen das längst nicht so eng. So stammt der Rapidler Stefan Schwab, der heute Hütters Bullen hetzen will, aus der Salzburger Heimatgemeinde von Marlies Schild. Den Einstieg in den Profi-Fußball hatte der Saalfeldener bei den Red Bull Juniors geschafft. Jener Kicker-Dependance des Getränke-Konzerns, die inzwischen als FC Liefering mit dem jüngsten Kader nicht nur technisch feinen Fußball spielt, sondern auch Erster in der zweiten Leistungsstufe ist.

Aufsteigen aber kann bzw. darf Liefering nicht. Es kommt damit auf keinen Fall zu einem Red-Bull-internen-Duell im Oberhaus, aber vermutlich zu einem brisanten Stadtderby in Liga zwei, zumal die Salzburger Austria vor der Rückkehr in den Profifußball steht. Viel deutet darauf hin, dass Salzburg bald mit vier Klubs (Red Bull I, Grödig, Liefering, Austria Sbg.), Wien aber weiter nur mit Austria und Rapid im Bundesliga-Bereich vertreten ist. Die selbst ernannte Sportstadt führt indes, was Besucherzahlen und Sündenregister betrifft.

Zuschauerschnitt: Rapid 15.882, Red Bull 9987. Eishockey: Capitals 4744, RB 2460. Stadionverbote: Rapid-Fans 41, Red Bull 3.

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