Retro-Boulevard

Die Straße im 2. Bezirk entwickelt sich zum angesagten Hotspot. Tradition trifft auf Moderne.

von Mag. Leila Al-Serori

über die Praterstraße

Die Praterstraße lässt sich mit zwei Fahrradläden erklären. Typ eins: das Original in Optik der Nachkriegsjahre. Typ zwei: das gewollte Original, neu eröffnet für die hippen Retro-Liebhaber. Beide zeigen die Veränderung, die die Straße im 2. Bezirk gerade durchlebt. Tradition trifft auf Moderne, altes auf neues Wien.

Besonders der erste Abschnitt der Praterstraße, gleich neben Donaukanal und Sofitel-Hochhaus, entwickelte sich zum angesagten Hotspot. Hier ist es besonders schön: wenig befahren, mit alten Platanen, Kopfsteinpflaster und herausgeputzten Altbauten. Zuletzt eröffneten immer mehr Boutiquen, dazu die überrannten Lokale Ansari und Mochi. Auch Typ zwei, der hippe Fahrradladen, steht hier: "Veletage", ein "Salon für Radkultur".

Eigentlich ein Wunder, dass die Praterstraße so lange unbelebt blieb. Vor den Weltkriegen war sie schließlich einer der prächtigsten Boulevards der Stadt. War Wohnort von Schnitzler, Nestroy und Raimund. Dann verfiel sie. Erst in den vergangenen Jahren erholte sich die Gegend, zusammen mit der ganzen Leopoldstadt: Zuerst lebte der Karmelitermarkt auf, bald der Volkertmarkt (dem widme ich demnächst einen eigenen Spaziergang) und dazwischen eben die Praterstraße.

Nur die Buttersäure passt wenig ins Bild. Die hat ein Unbekannter am Vorabend vor die schicken Lokale geschüttet. Ein Scherz? Oder ein übelriechender Protest gegen die Gentrifizierung? Die Gäste lassen sich nicht stören, die Schanigärten sind bis auf den letzten Platz besetzt.

Richtung Praterstern nimmt die Hipster-Dichte ab, die der ramschigen Läden wieder zu. Mittendrin steht Typ eins, der schmucke Traditionsbetrieb "Radsport Rih": ein Stück originale Praterstraße.

Dazu kommt stetig Neues. Im stuckverzierten Dogenhof wurde aus einem Wettcafé (!) ein wunderschöner Conceptstore: das Supersense. Die einzigartige Location renovierten die Macher detailverliebt. Neben exzellentem Kaffee zelebriert man das Analoge, setzt auf Platten bis Polaroids. Retro, aber sehr modern. Ganz wie die Praterstraße eben.

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