Pakt mit dem Teufel

Wien ist ja nicht gerade für seine pulsierenden Sonntage bekannt. Aber wissen Sie, wo selbst dann etwas los ist? Vor dem Mozart-Denkmal im Burggarten. Da wird mit Selfiesticks umhergewedelt, Dutzende Sprachen gesprochen, Schlange-gestanden für ein Foto. Ich habe das Spektakel von einer Parkbank aus beobachtet und mir gedacht: Tourist müsste man sein.

Also habe ich den vergangenen Sonntag einmal touristisch verbracht: Es ging vertikal in die Höhe, 343 Stufen den Stephansdom hinauf. Zuletzt war ich da vor Jahrzehnten. Wie jedes Wiener Schulkind war ich einmal hoch oben und einmal tief unten. Tief unten, das sind die Katakomben unter dem gotischen Dom. Gebeine schauen – eine schauerliche, dafür bis heute tief verinnerlichte Angelegenheit.

Hoch oben, das ist der Südturm. Der ist anders als der Nordturm nicht mit dem Lift zu erreichen. Die ersten fünfzig Stufen gehen zügig, dann verlangsamt sich der Schritt. Meine Unsportlichkeit rächt sich. Der Atem wird schwer, die Hände feucht. Die Wendeltreppe will nicht aufhören, jede Steinstufe eine Qual. Kinder, die an einem vorbei hinauflaufen, trüben zusätzlich die Moral. Mit knallrotem Kopf erreiche ich endlich die Spitze. Erstmal hinsetzen, sich ausruhen. Dann der Blick über das Dächermeer: jeden Schweißtropfen wert.

75 Jahre wurde am südlichen Turm des Steffls gebaut. Der Nordturm steht kümmerlich daneben: In der Sage wollte Meister Puchsbaum ihn im Rekordtempo bauen und damit seiner Maria imponieren. Die Arbeit verlief aber schwierig, ein Pakt mit dem Teufel musste her. Doch wie das mit Teufeln so ist, einen Haken gibt es immer. Puchsbaum rief vom fast fertigen Nordturm aus den Namen Marias, verstieß so gegen den Deal: Der Bau stürzte ein, der Meister starb. So blieb der südliche mit seinen 136,4 Metern der einzige hohe Turm.

Oben gibt es übrigens nicht nur eine tolle Aussicht, sondern auch einen Souvenirverkäufer. Was für ein Weg in die Arbeit. 343 Stufen hinauf, 343 Stufen hinunter. Da braucht es Kondition. Oder einen Pakt mit dem Teufel.