Existenzen

Die U-Bahnstation Josefstädter Straße soll ihr Drogenproblem loswerden. Doch die Neugestaltung gefährdet auch andere Existenzen.

Die U-Bahnstation soll ihr Drogenproblem loswerden. Doch die Neugestaltung gefährdet auch Familie Kadagals Lebenstraum.

von Mag. Leila Al-Serori

über die neue Josefstädter Straße

Ich schreibe an dieser Stelle oft von schönen Dingen, von Wiener Orten, die ihr Gesicht verändern – hin zu hippen, fast schon austauschbaren Trendplätzen. Dass von solche Veränderungen nicht alle profitieren, liegt auf der Hand.

Wird aber gerne übersehen. Auch von mir, das gebe ich offen zu. Beispiel Josefstädter Straße. Die U-Bahnstation dort hat ein Drogenproblem. Die Anrainer beklagen das seit geraumer Zeit, besser wird es nicht. Wackelige, verwirrte Gestalten: Auch wenn es sich nur um meist harmlose Menschen handelt, es bleibt ein ungutes Gefühl für viele Nutzer der U6. Und ein unschöner Fleck in den Augen der Politik.

Nun will man das Problem von der städtebaulichen Seite angehen. Den Vorplatz verschönern und von seinem Schmuddelimage befreien, mit hellen Pflastersteinen und neu gepflanzten Bäumen. 1,1 Millionen Euro soll die Neugestaltung kosten, finanziert von der Stadt Wien, den anliegenden Bezirken Ottakring und Josefstadt sowie der EU. Eine lang gewünschte Aufwertung, den Platz der privilegierten Lage anpassen. Was sich gut anhört, hat aber auch einen Haken. Denn ein Drogenproblem lässt sich nicht durch einen neuen Anstrich lösen.

Und es hängen auch so manche Existenzen an der Neugestaltung. Wie die der Familie Kadagal. Die ganzen Ersparnisse hat man in die zwei Kebabstände gesteckt, sie sind ihr Lebenstraum. Mit Ende Oktober müssen sie ihre zehn Quadratmeter nun räumen und Platz machen für ein Stück Stadtverschönerung. Die Fastfood-Stände sollen nicht ins Image der neuen Josefstädter Straße passen. Von ihrer Zukunft haben die Besitzer zufällig aus den Medien erfahren.

Ob sie nach der Renovierung wieder kommen dürfen, ist immer noch nicht geklärt. Was bleibt, ist die Unsicherheit: Die Kadagals warten nun jeden Tag auf Nachricht. Denn ein Alternativstandort oder eine Entschädigung wurde bisher nicht angeboten. Dabei hängt der Lebensunterhalt mehrerer Familien an diesen zehn Quadratmetern. "Das ist unsere Existenz."

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