Das Phantom auf Facebook

Der Bier-Kavalier aus der U4 hat eine eigene Facebook-Fanseite. Gruselig ist das schon.

von Mag. Leila Al-Serori

über das stadtbekannte U-Bahn-Phantom

Vor einigen Wochen wurde an dieser Stelle vom Phantom der U-Bahn berichtet. Für alle, die sich nicht mehr erinnern können, die Geschichte geht so: Das Phantom der Wiener U-Bahnlinie U4 ist ein Mann, dunkelhaarig und mit Brille. Er geht durch den Zug, bleibt alle paar Meter stehen und fragt: "Darf ich dich auf ein Bier einladen?" Oft folgt empörte Ablehnung oder ein Raunen ("Er existiert ja wirklich"), meistens zieht er dann schnell weiter in den nächsten Waggon.

Seit Jahren geht das Phantom umher und sucht nach einer Bier-Bekanntschaft. Er ist stadtbekannt, wer regelmäßig mit der U4 fährt, kennt den "Aufriss-Minimalisten" (Copyright: Heute). Das erste und letzte Mal gesehen habe ich ihn im Juni. Zig eigene Erfahrungen mit dem Mann und anderen Originalen kamen als Reaktion auf die Kolumne.

Der Grund, warum ich nun wieder von ihm berichte: Besagtes Phantom hat sogar eine eigene Facebook-Fanseite. Dort nennt er sich Bier-Kavalier. Fotos und Zeitungsartikel werden gesammelt, sogar Videos von gewaltsamen Übergriffen gegen ihn gibt es zu sehen. Gruselig ist das schon. Immerhin: Gefallen tut das 900 Menschen.

Wobei natürlich kaum anzunehmen ist, dass sich tatsächlich der Kavalier selbst dort austobt. Auf meine Kontaktaufnahme hat er bzw. der Seitenbetreiber zumindest nicht reagiert. Dabei wären die Fragen immer noch nicht gelöst: Warum tut das Phantom das bloß? Ist es einsam? Oder ist das ein nicht abzulegender Tick?

Es war Zeit, ihn selbst zu fragen. Also habe ich mich aufgemacht in die U4, bin von Heiligenstadt bis Hütteldorf gefahren. Habe Ausschau gehalten nach dem Mann, mit dunklen Haaren und Brille, der so oft eine Lederjacke trägt.

Viele, viele Männer mit Brille und längeren dunklen Haaren sind ein- und wieder ausgestiegen. Nicht aber besagtes Phantom. Dieses blieb an diesem Tag unsichtbar.

Wenn man ihn sucht, erscheint er also nicht. So ist das wohl mit Phantomen.

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